Читать бесплатно книгу «Sklavin, Kriegerin, Königin » Моргана Райс полностью онлайн — MyBook

Ceres verließ das Haus und wanderte über das niedergetretene Gras in Richtung der Hütte, die hinter dem Haus lag. Nur ein Baum war ihnen auf ihrem bescheidenen Grundstück geblieben. Die anderen waren in Feuerholz verwandelt und im Herd verbrannt worden um das Haus während der kalten Winternächte warm zu halten. Die Äste des Baumes schwebten wie eine schützende Hand über dem Haus. Jedes Mal wenn Ceres sie sah, musste sie an ihre im letzten Jahr verstorbene Großmutter denken. Es war ihre Großmutter gewesen, die diesen Baum gepflanzt hatte, als sie noch ein Kind gewesen war. Er war für sie und auch ihren wie ein Tempel gewesen. Wenn ihnen das Leben zu viel wurde, legten sie sich unter den Sternenhimmel und ihre Herzen würden zu Nana sprechen, als wäre sie noch immer am Leben.

Ceres betrat die Hütte und begrüßte ihren Vater mit einem Lächeln. Zu ihrer Überraschung war fast alles Werkzeug von dem Arbeitstisch verschwunden, kein Schwert wartete neben dem Herd darauf geschmiedet zu werden. Sie konnte sich nicht daran erinnern, wann sie den Boden das letzte Mal so sauber gesehen hatte oder die Wände und Zimmerdecke bedeckt von so wenigen Werkzeugen.

Die blauen Augen ihres Vaters leuchteten auf, so wie sie es immer taten, wenn er sie sah.

„Ceres“, sagte er und stand auf.

Im Laufe des letzten Jahres waren sein schwarzes Haar und sein Bart stark ergraut, die Tränensäcke unter seinen lieben Augen waren heute doppelt so groß. Früher hatte er eine starke Statur gehabt und war fast so muskelbepackt wie Nesos gewesen; doch in der letzten Zeit hatte Ceres bemerkt, dass er viel Gewicht verloren hatte und seine vormals kerzengerade Haltung war in sich zusammengesackt.

Er ging zu ihr hinüber und legte ihr seine von der schweren Arbeit verhornte Hand auf den Rücken.

„Komm ein Stück mit mir.“

Seine Brust fiel ein wenig zusammen. Er wollte reden und spazieren gehen, das bedeutete, dass er ihr etwas Wichtiges mitzuteilen hatte.

Seite an Seite bahnten sie sich hinter der Hütte ihren Weg zu einem kleinen Feld. Dunkle Wolken standen nicht fern von ihnen am Himmel. Angenehm warme Luft wehte aus ihrer Richtung. Sie hoffte, dass sie den dringend notwendigen Regen bringen würden um die scheinbar niemals endende Dürre zu beenden. Doch wahrscheinlich waren sie wie so oft zuvor nichts als leere Versprechen lebensnotwendiger Regengüsse.

Die Erde knirschte unter ihren Füßen. Der Boden war trocken, die Pflanzen gelb, braun und tot. Dieses Fleckchen Land hinter ihrem kleinen Anwesen gehörte König Claudius, doch es war schon seit Jahren nicht bestellt worden.

Sie erklommen einen Hügel, blieben stehen und blickten über das Feld. Ihr Vater war stumm geblieben. Er verschränkte die Hände hinter seinem Rücken und blickte in den Himmel. Das war ungewöhnlich für ihn und eine dunkle Vorahnung beschlich sie.

Dann begann er seine Worte mit Bedacht wählend zu sprechen.

„Manchmal ist es uns nicht vergönnt den Weg den wir gehen müssen zu wählen“, sagte er. „Wir müssen alles für diejenigen die wir lieben aufgeben. Uns selbst, wenn nötig, miteingeschlossen.“

Er seufzte und in der langen Stille, die nur vom Wind unterbrochen wurde, pochte Ceres’ Herz und fragte sich, was er damit meinte.

„Ich würde viel dafür geben, dir deine Kindheit nicht jetzt schon rauben zu müssen“, fügte er hinzu und blickte suchend in den Himmel, sein Gesicht war für einen Moment schmerzverzerrt.

„Was ist los?“ fragte Ceres und legte eine Hand auf seinen Arm.

„Ich muss euch für eine gewisse Zeit verlassen“, sagte er.

Ihr Hals fühlte sich wie zugeschnürt an und es fiel ihr schwer zu atmen.

„Verlassen?“

Er drehte sich zu ihr und schaute ihr in die Augen.

„Du weißt, dass der Winter und Frühling dieses Jahres besonders hart gewesen sind. Die letzten Jahre der Dürre waren schwer. Wir haben nicht genug Geld zur Seite legen können um über den Winter zu kommen und wenn ich jetzt nicht gehe, wird unsere Familie verhungern. Ich habe einen Auftrag von einem anderen König erhalten. Ich werde als sein Hauptklingenschmied angestellt werden und gutes Geld verdienen.“

„Du wirst mich mitnehmen, nicht wahr?“ sagte Ceres mit einem wilden Unterton in der Stimme.

Er schüttelte düster den Kopf.

„Du musst hier bleiben und deiner Mutter und deinen Brüdern helfen.“

Beim Gedanken daran überkam sie eine Welle des Horrors.

„Du kannst mich nicht allein mit Mutter hier lassen“, sagte sie. „Das würdest du nicht tun.“

„Ich habe mit ihr darüber gesprochen und sie wird sich um dich kümmern. Sie wird gut zu dir sein.“

Ceres stampfte mit dem Fuß auf. Staub flog auf.

„Nein!“

Tränen traten in ihre Augen und kullerten ihre Wangen hinab.

Er trat einen kleinen Schritt auf sie zu.

„Hör mir genau zu, Ceres. Der Palast braucht nach wie vor gelegentlich einige Schwerter. Ich habe ein gutes Wort für dich eingelegt und wenn du die Schwerter so anfertigst wie ich es dir beigebracht habe, dann kannst du dir ein kleines Zubrot verdienen.“

Ihr eigenes Geld zu verdienen, würde ihr mehr Freiheit geben. Ihre kleinen und zierlichen Hände hatten sich als geschickt darin erwiesen aufwendige Muster und Inschriften in die Klingen und Schwertgriffe zu hauen. Die Hände ihres Vaters waren grob, seine Finger dick und breit und es gab nicht viele andere, die diese Fähigkeit vorweisen konnten.

Dennoch schüttelte sie den Kopf.

„Ich will keine Schmiedin werden“, sagte sie.

„Es liegt dir im Blut Ceres. Und du bist talentiert.“

Sie schüttelte entschlossen den Kopf.

„Ich will die Waffen benutzen“, sagte sie, „nicht machen.“

Sobald diese Worte ihren Mund verlassen hatten, bereute sie es sie ausgesprochen zu haben.

Ihr Vater legte seine Stirn in Falten.

„Willst du ein Krieger werden? Ein Kampfherr?“

Er schüttelte den Kopf.

„Es ist nicht völlig ausgeschlossen, dass es eines Tages auch Frauen gestattet sein wird zu kämpfen“, sagte sie. „Du weißt, dass ich trainiert habe.“

Seine Augenbrauen zogen sich besorgt zusammen.

„Nein“, sagte er bestimmt. „Das ist nicht der Weg, den du einschlagen wirst.“

Der Mut verließ sie. Ihre Hoffnungen und Träumen schienen sich mit seinen Worten zu verflüchtigen. Sie wusste, dass er versuchte es ihr nicht zu schwer zu machen – das tat er immer. Das war eben die Realität. Und um sie am Leben zu halten, musste sie ihren Teil eben beisteuern.

Sie blickte in die Ferne und der Himmel leuchtete im Schein des ersten Blitzes auf. Drei Sekunden später rollte der Donner zu ihnen hinüber.

Hatte sie nicht erkannt wie schlimm es um sie stand? Sie war stets davon ausgegangen, dass sie es gemeinsam schaffen würden, wenn sie als Familie zusammenhielten. Aber das änderte nun alles. Jetzt würde Vater sie nicht mehr in Schutz nehmen können und es gab keine andere Person, die sich zwischen sie und Mutter hätte stellen können.

Eine Träne nach der anderen tropfte auf die ausgedörrte Erde während sie unbeweglich dort stand. Sollte sie ihre Träume aufgeben und dem Rat ihres Vaters folgen?

Er zog etwas hinter seinem Rücken hervor und ihre Augen wurden beim Anblick des Schwertes in seiner Hand groß. Er trat näher an sie heran und sie konnte die Details der Waffe sehen.

Sie war voller Ehrfurcht. Der Schwertgriff, in den eine Schlange eingraviert worden war, bestand aus purem Gold. Sie Klinge war zweischneidig und schien aus dem besten Stahl zu sein. Auch wenn die Herkunft dieses Meisterstücks ihr nicht bekannt war, wusste Ceres sofort, dass es sich dabei um die beste Qualität handelte. Auf der Klinge stand eine Inschrift.

Wo Herz und Schwert sich treffen, da ist Sieg.

Sie hielt den Atem an und starrte es voller Ehrfurcht an.

„Hast du das geschmiedet?“ fragte sie ihre Augen auf das Schwert geheftet.

Er nickte.

„Nach der Art der Nordmänner“, antwortete er. „Ich habe drei Jahre daran gearbeitet. Der Verkauf der Klinge allein könnte unsere Familie ein ganzes Jahr lang ernähren.“

Sie sah ihn an.

„Warum verkaufst du es dann nicht?“

Er schüttelte heftig den Kopf.

„Dafür ist es nicht gemacht worden.“

Er trat noch näher heran und zu ihrer Überraschung streckte er es ihr entgegen.

„Es wurde für dich gemacht.“

Ceres hob eine Hand zum Mund und stieß einen kleinen Schrei aus.

„Für mich?“, fragte sie verwundert.

Er grinste jetzt breit.

„Hast du wirklich geglaubt, ich hätte deinen achtzehnten Geburtstag vergessen?“ antwortete er.

Sie fühlte Tränen in ihre Augen treten. Sie war noch nie so gerührt gewesen.

Aber dann musste sie daran denken, was er zuvor gesagt hatte, dass er nicht wollte, dass sie kämpfte und sie war verwirrt.

„Aber du hast doch gesagt, dass ich nicht trainieren darf“, antwortete sie.

„Ich will nicht, dass du dich dabei in den Tod stürzt“, erklärte er. „Aber ich sehe doch wofür dein Herz wirklich schlägt. Und daran kann ich nichts ändern.“

Er legte eine Hand unter ihr Kinn und hob ihren Kopf bis sich ihre Augen trafen.

„Deshalb bin ich stolz auf dich.“

Er übergab ihr das Schwert und in dem Moment als sie das kühle Metall auf ihrer Handinnenfläche spürte wurde sie eins mit ihm. Das Gewicht war geradezu perfekt für sie und der Griff schmiegte sich in ihre Hand als wäre er für sie gemacht.

All die Hoffnung die sie zuvor geglaubt hatte verloren zu haben, erwachte nun erneut in ihrer Brust.

„Erzähl deiner Mutter nichts davon“, warnte er sie. „Verstecke es an einem Ort, an dem sie es nicht finden kann, sonst wird sie es verkaufen.“

Ceres nickte.

„Wie lange wirst du fort sein?“

„Ich werde versuchen für einen Besuch noch vor dem ersten Schneefall zurückzukommen.“

„Das sind noch Monate bis dahin!“ sagte sie und tat einen Schritt zurück.

„Mir bleibt nichts anderes übrig –“

„Nein. Verkauf das Schwert und bleib!“

Er legte eine Hand auf ihre Wange.

„Das Schwert zu verkaufen würde uns dieses Jahr über die Runden bringen. Und vielleicht nächstes Jahr. Aber was dann?“ Er schüttelte seinen Kopf. „Nein. Wir brauchen eine Lösung auf Dauer.“

Auf Dauer? Plötzlich realisierte sie, dass diese neue Arbeit ihn ihr nicht nur für ein paar Monate nehmen würde, sondern wahrscheinlich für Jahre.

Ihre Verzweiflung wuchs.

Er trat wieder auf die zu und umarmte sie als würde er ihre Gedanken spüren können.

Sie begann in seinen Armen zu weinen.

„Du wirst mir fehlen Ceres“, sagte er über ihrer Schulter. „Du bist anders als alle Anderen. Jeden Tag werde ich in den Himmel blicken und gewiss sein, dass du unter den selben Sternen wandelst. Wirst du das gleich für mich tun?“

Zuerst wollte sie ihn anschreien und sagen, wie kannst du es wagen, mich hier alleine zu lassen.

Aber ihr Herz hielt sie davon ab und sie wollte es ihm nicht noch schwerer machen als es bereits war.

Eine Träne rollte ihre Wange hinab. Sie schniefte und nickte mit dem Kopf.

„Ich werde jede Nacht unter unserem Baum stehen“, sagte sie.

Er küsste sie auf die Stirn und nahm sie nochmals zärtlich in die Arme. Die Wunden auf ihrem Rücken fühlten sich wie Messer an, doch sie biss die Zähne zusammen und sagte nichts.

„Ich hab dich lieb Ceres.“

Sie wollte ihm antworten, doch sie brachte keinen Ton heraus – die Worte waren ihr im Halse steckengeblieben.

Er holte sein Pferd aus dem Stall und Ceres half ihm dabei Essen, Werkzeug und Material zu verstauen. Er umarmte sie ein letztes Mal und sie glaube, dass ihre Brust vor Traurigkeit zerspringen würde. Noch immer brachte sie kein Wort heraus.

Er stieg auf das Pferd und nickte ihr zu bevor er dem Tier die Sporen gab.

Ceres winkte ihm nach als er davonritt. Sie blickte ihm sehnsüchtig nach bis er hinter einem fernen Hügel verschwand. Die einzig wahrhaftige Liebe die sie jemals empfangen hatte, kam von diesem Mann. Und nun war er fort.

Regen begann vom Himmel zu fallen und prasselte ihr gegen das Gesicht.

„Vater!“ schrie sie so laut sie konnte. „Vater ich hab dich lieb!“

Sie fiel auf die Knie und vergrub das Gesicht schluchzend in ihren Händen.

Sie wusste, dass sich ihr Leben für immer verändert hatte.

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