Читать книгу «Gefesselt» онлайн полностью📖 — Блейка Пирс — MyBook.
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Jetzt fand er sich selber einen Knopf nervös in der Hand drehend. Er hatte ihn von der Uniform der Krankenschwester gerissen, als er sie aufgehängt hatte. An sie erinnert, sah er auf das Feldbett, wo er sie für mehr als eine Woche angekettet hatte. Er hatte sich gewünscht mit ihr reden zu können, zu erklären, dass er nicht grausam sein wollte, dass sie einfach seiner Mutter und den Nonnen zu sehr ähnelte, vor allem in ihrer Krankenschwester-Uniform.

Der Anblick der Uniform hatte ihn verwirrt. Es war das gleiche mit der anderen Frau vor fünf Jahren gewesen, der Gefängniswärterin. Irgendwie waren die Frauen in seinem Verstand zu seiner Mutter und den Nonnen und den Anstalt-Mitarbeitern geworden. Er kämpfte vergeblich darum sie auseinanderzuhalten.

Es war eine Erleichterung gewesen als er mit ihr fertig war. Sie so angekettet zu haben, war eine schreckliche Verantwortung; ihr Wasser zu geben, ihr Stöhnen durch die Kette zu hören, mit der er sie geknebelt hatte. Er nahm den Knebel nur heraus, um ihr ab und zu einen Strohhalm für Wasser in den Mund zu stecken. Dann versuchte sie zu schreien.

Wenn er ihr nur hätte erklären können, dass sie nicht schreien durfte, dass Nachbarn gegenüber waren, die sie nicht hören durften. Vielleicht hätte sie ihn verstanden, wenn er es hätte sagen können. Aber er konnte es nicht erklären, nicht mit diesem hoffnungslosen Stottern. Stattdessen hatte er sie stumm mit einem Rasiermesser bedroht. Auf lange Sicht hatte aber auch diese Drohung nicht funktioniert. Da hatte er ihr die Kehle durchschneiden müssen.

Dann hatte er sie zurück nach Reedsport gebracht und so aufgehängt, dass sie jeder sehen konnte. Er wusste nicht genau warum. Vielleicht war es eine Warnung. Wenn die Leute sie verstehen würden. Wenn sie es täten, dann müsste er nicht so grausam sein.

Vielleicht war es seine Art der Welt zu sagen, wie leid es ihm tat.

Denn es tat ihm leid. Er würde am nächsten Tag zum Blumenladen gehen und Blumen kaufen – ein billiges kleines Bouquet – für die Familie. Er konnte nicht mit dem Floristen reden, aber er konnte einfache Anweisungen aufschreiben. Das Geschenk würde anonym sein. Und wenn er einen guten Platz finden würde, um sich zu verstecken, dann würde er bei ihrem Grab stehen, wenn sie sie begruben und seinen Kopf neigen, wie die anderen Trauernden.

Er zog eine andere Kette stramm über die Werkbank, umklammerte das Ende so fest er konnte, nutzte all seine Kraft, um das Rasseln zu beenden. Aber tief in sich wusste er, dass es nicht reichte, um ihn zum Meister der Ketten zu machen. Dafür würde er die Ketten noch einmal nutzen müssen. Und er würde eine der Zwangsjacken nutzen, die er noch hatte. Jemand musste gebunden werden, wie er gebunden worden war.

Jemand musste leiden und sterben.

Kapitel 8

Sobald Riley und Lucy aus dem FBI Flugzeug traten, kam ein junger, uniformierter Polizist über das Rollfeld auf sie zugelaufen.

“Bin ich froh Sie zu sehen”, sagte er. “Chief Alford steht kurz vor einem Herzinfarkt. Wenn nicht jemand schnell Rosemarys Leiche losschneidet, dann müssen wir ihn wahrscheinlich einliefern. Die Reporter sind auch schon überall. Ich bin Tim Boyden.”

Riley wurde es mulmig, während sie und Lucy sich vorstellten. Wenn die Medien so schnell bei einem Tatort auftauchten, dann war das kein gutes Zeichen. Der Fall fing nicht gut an.

“Kann ich helfen etwas zu tragen?” fragte Boyden.

“Nein, danke”, sagte Riley. Sie und Lucy hatten nur ein paar kleine Taschen.

Boyden zeigte über das Rollfeld.

“Das Auto steht dort drüben”, sagte er.

Sie gingen eilig zum Wagen. Riley setzte sich auf den Beifahrersitz, während Lucy sich auf den Rücksitz setzte.

“Wir sind nur ein paar Minuten von der Stadt weg”, sagte Boyden, als er losfuhr. “Mann, ich kann nicht glauben was passiert ist. Arme Rosemary. Alle haben sie so sehr gemocht. Sie hat immer Leuten geholfen. Als sie vor ein paar Wochen verschwunden ist, haben wir das Schlimmste befürchtet. Aber wir hätten uns nie vorstellen können …”

Seine Stimme verlor sich und er schüttelte erschüttert den Kopf.

Lucy lehnte sich zu ihnen nach vorne.

“Soweit ich verstanden habe, ist das nicht der erste Mord dieser Art”, sagte sie.

“Ja, als ich noch in der Highschool war, hatten wir einen anderen”, sagte Boyden. “Allerdings nicht hier in Reedsport. Es war in der Nähe von Eubanks, weiter südlich den Fluss runter. Eine Leiche in Ketten, genau wie Rosemary. Auch mit einer Zwangsjacke. Hat der Chief Recht? Haben wir hier einen Serienmörder?”

“Das können wir noch nicht sagen”, sagte Riley.

Auch wenn sie dachte, dass der Polizeichef Recht hatte. Aber der junge Polizist schien so schon außer Fassung zu sein. Es schien ihr unnötig ihn weiter zu beunruhigen.

“Ich kann es nicht glauben”, sagte Boyden und schüttelte wieder den Kopf. “In so einer schönen Stadt wie unserer. Eine so nette Lady wie Rosemary. Ich kann es nicht glauben.”

Während sie in die Stadt fuhren, sah Riley einige Fernsehwagen mit ihren Crews auf der kleinen Hauptstraße. Ein Helikopter mit dem Logo einer Fernsehstation zirkelte über der Stadt.

Boyden fuhr zu einer Barrikade, vor der sich eine kleine Gruppe Reporter versammelt hatte. Ein Polizist winkte sie durch. Einige Sekunden später hielt Boyden neben einer Bahnstrecke. Dort hing die Leiche von einem Strommast. Einige Polizisten standen in weitem Abstand um sie herum.

Riley stieg aus dem Wagen und erkannte Polizeichef Raymond Alford, als er auf sie zukam. Er sah nicht sehr glücklich aus.

“Ich will hoffen, dass sie einen verdammt guten Grund haben, die Leiche so hier hängen zu lassen”, sagte er. “Das ganze ist ein Albtraum. Der Bürgermeister hat gedroht mir meine Marke wegzunehmen.”

Riley und Lucy folgten ihm zu der Leiche. Im Licht des späten Nachmittags sah sie seltsamer aus, als auf den Fotos, die Riley gesehen hatte. Die Stahlketten glitzerten im Licht.

“Ich nehme an, Sie haben den Tatort weiträumig abgeriegelt”, sagte Riley zu Alford.

“Wir haben getan, was wir konnten”, sagte Alford. “Wir haben das Gebiet weit genug abgesperrt, sodass niemand die Leiche sehen kann, bis auf die Sicht vom Fluss. Wir haben die Züge umgeleitet, sodass sie die Stadt umfahren. Das hat die Zeitpläne ziemlich durcheinander gebracht. Ich nehme an, dadurch haben die Albany Nachrichten davon Wind bekommen haben. Von meinen Leuten haben sie es definitiv nicht gehört.”

Während Alford sprach, wurde seine Stimme durch den TV-Helikopter übertönt, der über ihnen schwebte. Er machte sich nicht die Mühe weiterzureden. Riley konnte die Schimpfwörter auf seinen Lippen lesen, als er auf den Helikopter starrte. Ohne aufzusteigen, flog der Helikopter im Kreis. Der Pilot hatte offensichtlich vor auf gleichem Weg zurückzufliegen.

Alford nahm sein Handy aus der Tasche. Als er jemanden an die Strippe bekam, rief er, “Ich habe euch gesagt, dass ihr den verdammten Helikopter vom Tatort fernhalten sollt. Jetzt sagt dem Piloten, dass er auf über 150 Meter aufsteigen soll. Das ist das Gesetz.”

Alfords Gesichtsausdruck entnahm Riley, dass die Person am anderen Ende sich widersetzte.

Schließlich sagte Alford, “Wenn ihr den Vogel nicht sofort hier rausbringt, dann werden eure Reporter von der Pressekonferenz am Nachmittag ausgeschlossen.”

Sein Gesicht entspannte sich ein wenig. Er sah nach oben und wartete. Nach ein paar Minuten stieg der Helikopter auf eine angemessenere Höhe. Das Geräusch der Rotoren erfüllte die Luft mit einem lauten, beständigen Dröhnen.

“Gott, ich hoffe, dass wir nicht noch mehr von denen bekommen”, knurrte Alford. “Vielleicht werden sie weniger angezogen, wenn die Leiche endlich runter ist.” Er seufzte. “Wahrscheinlich hat es auf kurze Sicht auch etwas Gutes. Die Hotels und B&Bs haben mehr Gäste. Auch die Restaurants – Reporter müssen schließlich auch essen. Aber auf lange Sicht? Es wäre schlecht, wenn Touristen aus Reedsport verjagt werden.”

“Sie haben eine guten Job dabei gemacht, sie vom Tatort fernzuhalten”, sagte Riley.

“Ich nehme an, das ist wenigstens etwas”, sagte Alford. “Kommen Sie, bringen wir es hinter uns.”

Alford führte Riley und Lucy zu der hängenden Leiche. Sie wurde durch ein selbstgemachtes Kettengeschirr gehalten, das sich um ihren Körper wand. Das Geschirr war an ein dickes Seil gebunden, das durch einen Flaschenzug an einem hohen Querbalken befestigt war. Der Rest des Seils fiel in einem steilen Winkel auf den Boden.

Riley konnte jetzt das Gesicht der Frau sehen. Wieder durchfuhr sie die Ähnlichkeit mit Marie wie ein elektrischer Schlag – der gleiche leise Schmerz und die Qualen, die sie auf dem Gesicht ihrer Freundin gesehen hatte. Die heraustretenden Augen und die Kette, die den Mund knebelten, machten die Ansicht noch verstörender.

Riley sah ihre neue Partnerin an, um ihre Reaktion zu beobachten. Zu ihrer Überraschung war Lucy bereits dabei sich Notizen zu machen.

“Ist das ihr erster Mord?” fragte Riley sie.

Lucy nickte, während sie weiter in ihr Notizbuch schrieb. Riley dachte, dass sie den Anblick der Leiche erstaunlich gut verkraftete. Viele Neulinge würden spätestens jetzt hinter einem Busch sitzen und sich übergeben.

Im Gegensatz zu ihr schien Alford sich sichtlich unwohl zu fühlen. Selbst nach all den Stunden hatte er sich noch nicht daran gewöhnt. Riley hoffte für ihn, dass er nie wieder etwas Ähnliches sehen musste.

“Riecht noch nicht besonders”, sagte Alford.

“Noch nicht”, sagte Riley. “Sie befindet sich noch in der Phase der Autolyse, hauptsächlich die Auflösung interner Zellen. Es ist nicht heiß genug um die Verwesung schneller voranzutreiben. Der Körper hat noch nicht angefangen von innen heraus zu schmelzen. Dann wird der Geruch wirklich schlimm.”

Alford wurde mit jedem Wort bleicher.

“Was ist mit der Totenstarre?” fragte Lucy.

“Ich bin sicher, dass sie in voller Totenstarre ist”, sagte Riley. “Das wird sie vermutlich auch noch für die nächsten zwölf Stunden bleiben.”

Lucy schien dadurch nicht weiter beeindruckt zu sein. Sie machte sich weiter Notizen.

“Haben Sie schon herausgefunden, wie der Mörder dort hochgekommen ist?” fragte Lucy Alford.

“Wir haben eine Vermutung”, sagte Alford. “Er ist hochgeklettert und hat den Flaschenzug festgebunden. Dann hat er die Leiche hochgezogen. Sie können sehen, wie sie festgebunden ist.”

Alford zeigte auf einen Haufen von Eisengewichten, die neben den Gleisen lagen. Das Seil war durch die Löcher der Gewichte geschlungen und sorgfältig festgebunden. Die Gewichte waren solche, die man in Trainingsmaschinen im Fitnessstudio finden würde.

Lucy beugte sich nach unten und betrachtete die Gewichte genauer.

“Hier sind fast genug Gewichte um die Leiche vollständig auszubalancieren”, sagte Lucy. “Seltsam, dass er diese schweren Gewichte mitgebracht hat. Man sollte meinen, dass er das Seil auch direkt an den Balken hätte binden können.”

“Was sagt Ihnen das?” fragte Riley.

Lucy dachte einen Moment nach.

“Er ist klein und nicht sehr stark”, sagte Lucy. “Der Flaschenzug hat ihm nicht genug Hebelkraft gegeben. Er brauchte die Gewichte, um ihm zu helfen.”

“Sehr gut”, sagte Riley. Dann zeigte sie auf die andere Seite der Bahngleise. Auf einem kurzen Stück war ein teilweiser Abdruck im Staub zu sehen. “Und Sie können sehen, dass er sein Fahrzeug sehr nahe herangefahren hat. Das musste er. Er konnte die Leiche nicht weit schleppen.”

Riley untersuchte den Boden in der Nähe des Strommastes und fand tiefe Eindrücke in der Erde.

“Sieht aus, als hätte er eine Leiter benutzt”, sagte sie.

“Ja, und wir haben die Leiter gefunden”, sagte Alford. “Kommen Sie mit, ich zeige sie Ihnen.”

Alford führte Riley und Lucy über die Gleise zu einem heruntergekommenen Lagerhaus aus Wellblech. Ein gebrochenes Schloss hing von der Tür.

“Wie Sie sehen, ist er hier eingebrochen”, sagte Alford. “Es war einfach genug. Ein Bolzenschneider hat ausgereicht. Das Lagerhaus wird nicht viel genutzt, nur für längere Lagerungen, also ist es nicht sehr sicher.”

Alford öffnete die Tür und schaltete das Licht ein. Der Raum war so gut wie leer, bis auf ein paar Transportcontainer bedeckt mit Spinnenweben. Alford zeigte auf eine hohe Leiter, die an der Wand neben der Tür lehnte.

“Da ist die Leiter”, sagte er. “Wir haben frische Erde an den Enden gefunden. Sie gehört wahrscheinlich hierher und der Mörder wusste es. Er ist eingebrochen, hat sie rausgetragen, und ist hochgeklettert, um den Flaschenzug festzubinden. Sobald er die Leiche hatte wo er sie wollte, hat er die Leiter zurückgebracht. Dann ist er weggefahren.”

“Vielleicht hatte er auch den Flaschenzug aus dem Lagerhaus”, schlug Lucy vor.

“Die Vorderseite des Lagerhauses ist Nachts beleuchtet”, sagte Alford. “Also ist er dreist, und ich wette er ist ziemlich schnell, auch wenn er nicht stark ist.”

In dem Moment kam ein scharfer, lauter Knall von außen.

“Was zum Teufel?” rief Alford.

Riley wusste sofort, dass es ein Schuss gewesen war.

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