Читать книгу «Griechischer Zauber » онлайн полностью📖 — Sophie Love — MyBook.

KAPITEL SECHS

Der Rest des Tages war für Keira wie verschwommen. Sie hatte Übungen für die Interviews mit Rick und Sally (die sich mehr wie Verhöre anfühlten), lernte neue engagierte Editorenteam-Mitarbeiter kennen, deren Namen Keira in dem Moment vergaß, als sie ihr genannt wurden und stürmte von einem Meeting zum anderen. Sie hatte nicht einmal eine Mittagspause oder die Chance mit Nina zu sprechen.

Sobald es fünf Uhr war, verließ Keira das Büro und ging nach Hause. Sie konnte noch immer nicht glauben, was passierte und ihr Kopf war völlig durcheinander. Niemals in ihrem Leben hätte sie gedacht, dass ihre Schreibkarriere sie in diese Richtung führen würde. Als sie mit der U-Bahn in die Richtung ihrer neuen Wohnung fuhr, stellte sie ironisch fest, dass sie heute nicht eine einzige Zeile geschrieben hatte.

Erst als sie zurück in ihrer neuen, leeren Wohnung war, hatte Keira die Chance, wirklich durchzuatmen. Sogar die Dunkelheit, die dadurch verursacht wurde, dass sie keinerlei Lampen hatte, war irgendwie beruhigend, fast so, als würde es helfen die pochenden Kopfschmerzen, die der geschäftige Tag verursacht hatte, zu betäuben.

Sie zog ihre Schuhe aus, rieb sich die schmerzenden Fußgelenke und lehnte dann ihren Kopf gegen die Rückseite ihrer Eingangstür. Langsam schloss sie ihre Augenlider und ging in einen, von der Erschöpfung hervorgerufenen, halbwachen Zustand über.

Sie stand noch immer gegen die Eingangstür gelehnt, als die Klingel neben ihr plötzlich ertönte. Schlagartig kam sie zurück zu Bewusstsein und erinnerte sich, dass sie Pläne mit Bryn gemacht hatte. Pläne nach der Arbeit waren bisher noch nie ein Problem gewesen, aber Keiras Körper fühlte sich nach dem langen Tag schwer und müde an und sie verfluchte sich jetzt selbst, dass sie überhaupt zugesagt hatte.

Sie drehte sich um und öffnete die Tür für Bryn. Ihre Schwester hielt eine Topfpflanze hoch.

„Einweihungsgeschenk!“, erklärte Bryn.

Keira lächelte. „Komm rein“, sagte sie und winkte sie hinein.

Es war das erste Mal, dass ihre Schwester ihre Wohnung sah. Bryn kam herein und schaute sich vorsichtig um.

„Oh, sie ist … niedlich“, kommentierte sie und stellte die Pflanze auf den Küchentisch.

Keira wusste, dass sie sich zurückhielt, nicht winzig zu sagen, aber es war ja schon ein Schritt in die richtige Richtung, dass Bryn sich überhaupt auf die Zunge biss. So wie sie Bryn kannte, dachte sie wahrscheinlich, dass die Wohnung eine Bruchbude war. Sie versuchte nett zu sein, was an und für sich für Bryn schon eine riesige Sache war!

„Wow, du kannst fast den ganzen Central Park sehen“, fügte Bryn hinzu, als sie zum Fenster hinüberging und hinaussah.

„Ja fast“, antwortete Keira.

„Es ist eine großartige Aussicht“, sagte Bryn nickend.

Zumindest damit hatte sie recht, dachte Keira.

Bryn drehte sich vom Fenster um. „Also gut, wir sollten lieber loslegen“, sagte sie. Sie ließ ihre Tasche auf den Fußboden fallen, bückte sich hinunter und holte dann ein Maßband aus der Tasche. Sie zog das Maßband und hielt es hoch. „Wir müssen alles abmessen. Wände. Fenster. Alles.“

Keira hob eine Augenbraue. „Das ist aber etwas über-gründlich, denkst du nicht auch?“

„Ganz genau“, antwortete Bryn. „Ich möchte, dass diese Wohnung so perfekt wird, wie sie nur sein kann. Ich habe bereits eine Vision. Du weißt, wie sehr ich das Dekorieren liebe.“

Keira lachte laut. „Das ist in Ordnung. Aber vergiss nicht das es meine Wohnung ist, also spiele nicht zu verrückt.“

Aber man konnte Bryn nichts sagen. Sie war bereits mit dem Maßband unterwegs und summte vor sich hin. Eine Frau mit einer Mission.

*

Sobald Bryn alle detaillierten Maße genommen hatte, die sie für nötig hielt, gingen sie hinaus zu Bryns Auto und fuhren zu einem Möbelgeschäft. Bryn tanzte geradezu hinein und war ganz offensichtlich im Himmel, als sie durch die Regalreihen lief. Sie begannen in der Abteilung für Esszimmer.

„Ich habe noch gar nicht gefragt“, sagte Bryn, als sie zwischen den Reihen von Tischen und Stühlen umherlief. „Wie viel möchtest du denn für deine neue Wohnung ausgeben?“

Keira dachte an den Scheck von Elliot, der sich noch immer in ihrer Tasche befand. Wenn er wirklich meinte, dass da noch mehr kommen würde, dann könnte sie theoretisch alles ausgeben. Aber Keira war dafür viel zu vernünftig. Außerdem war sie so daran gewöhnt, dass ihr der Boden unter den Füßen weggezogen wurde, dass sie sich niemals so gehen lassen könnte. Das letzte Mal als sie eine größere Summe an Geld hatte, war es alles verschwendet worden, als Shane seine Reise nach New York City storniert hatte.

„Mmhh, ich habe ein paar Ersparnisse“, sagte Keira und wählte die Halbwahrheit. „Aber ich würde es bevorzugen, nicht zu viel davon auszugeben. Lass uns einfach vernünftig bleiben.“

„Sicher“, sagte Bryn gedankenversunken, deren Aufmerksamkeit inzwischen schon auf einem schlanken Glas-Bistrotisch und zwei passenden Stühlen aus Glas und Metall gerichtet war. Ganz offensichtlich stand Keiras Budget nicht an erster Stelle in Bryn Gedanken.

„Ist der nicht wunderschön?“, sagte Bryn und wandte sich mit einem breiten Grinsen an Keira. „Und es sind die perfekten Maße für das Fenster. Stell dir vor, mit einem Glas Wein in deiner Hand deine Aussicht zu genießen.“

Keira streckte die Zunge heraus und verzog das Gesicht. „Das klingt mehr nach dir als nach mir. Der Tisch ist ein bisschen zu modern für meinen Geschmack. Du weißt doch, ich mag Vintage.“

„Denke nur, der wird eines Tages Vintage sein“, versuchte Bryn sie zu überreden. „Irgendwann.“

Keira kicherte. „So funktioniert das nicht und du weißt es selbst. Ich bevorzuge einen Sessel mit einem Hocker am Fenster, mit einer karierten Decke darauf und gemischten blumigen Kissen. Ein Ort, wo ich sitzen und lesen kann, nicht um Weinflaschen zu leeren.“

Dieses Mal runzelte Bryn die Stirn. „Das ist der Grund, warum ich deine Wohnung einrichte. Wenn man dich dir selbst überlassen würde, würdest du wahrscheinlich Stoffe an die Wand hängen, einen Haufen Kissen auf den Boden werfen und das war’s dann.“

Keira reagierte auf Bryns übertriebene Vorstellung mit einem Augenrollen.

„Komm schon, Schwester. Ich weiß, was ich tue“, fuhr Bryn fort. „Und dieser Tisch ist absolut perfekt für meine Vision.“ Sie legte ihre Hände auf die Glasplatte. „Er spricht zu mir. Du musst ihn kaufen.“

Keira schüttelte ihren Kopf und seufzte. Einkaufen mit Bryn war wesentlich anstrengender, als sie erwartet hatte.

In dem Moment eilte eine Frau von der anderen Seite der Regalreihen auf sie zu. Sie hatte einen angespannten Ausdruck auf ihrem Gesicht. Keiras erster Gedanke war, dass sie eine Verkäuferin sein musste, die ausschließlich auf Kommissionsbasis bezahlt wurde und ihnen nun alles über ihre fantastischen Angebote erzählen würde, die sie auf gar keinen Fall verpassen dürften. Aber die Frau sagte etwas, dass Keira komplett aus der Bahn warf.

„Entschuldigen Sie, dass ich Sie unterbreche, aber sind Sie Keira von Viatorum?“, fragte sie.

Keira starrte sie schockiert an. Obwohl sie schon früher manchmal in der Öffentlichkeit erkannt worden war, war es normalerweise immer im Ausland gewesen. Die Tatsache, dass es in ihrer eigenen Nachbarschaft passierte, während sie etwas so Normales tat wie einzukaufen, machte die ganze Sache noch unangenehmer.

„Ja, das bin ich“, sagte sie und fühlte, wie sich ihre Wangen röteten.

„Ich bin ein riesiger Fan“, sagte die Frau schwärmend. „Würde es Sie stören, wenn ich ein Foto mache?“

Keira sah Bryn an, die breit grinste. Schließlich zuckte Keira mit den Schultern. „Warum nicht. Sicher.“

„Ich mache das Foto“, bot Bryn ohne zu zögern an. „Dann können Sie auch mit darauf sein.“

Die Frau bedankte sich, legte einen Arm um Keiras Schultern und drückte für das Foto ihre Wange gegen Keiras. Es war unangenehm nah und vertrauensvoll und Keira fühlte sich sehr unbehaglich.

„Können Sie meine Ausgabe von Viatorum signieren?“, fügte die Frau hinzu. „Ich habe die alte, bevor das Titelblatt geändert wurde.“

Keira tat ihr Bestes, ihre Grimasse zu verstecken, aber es gab ihr immer einen kleinen Stich, wenn sie mit dem Bild von sich und Cristiano konfrontiert wurde, in Filmstar-schwarz-weiß, küssend auf den Dächern von Paris.

Sie kritzelte schnell ihren Namen über das Magazin und verdeckte dabei Teile ihres Gesichts.

„Fantastisch, vielen Dank“, sagte die Frau. „Ich bin nur wegen ein paar neuen Badehandtüchern hier. Meine Freundinnen werden so neidisch sein!“

Sie eilte davon und ließ die unbeholfen dreinschauende Keira mit Bryn zurück.

„Oh. Mein. Gott“, sagte Bryn. „Du bist jetzt buchstäblich ein Superstar.“

Keira rollte mit ihren Augen. „Wohl kaum. Ein paar Leute erkennen mich, das ist alles.“ Dann dachte sie an ihren geplanten Fernsehauftritt am nächsten Morgen. Danach würden sie noch viel mehr Leute erkennen. Wenn sie bereits so oft von einem Schwarzweißfoto auf einem Titelblatt erkannt wurde, würde es nur noch schlimmer werden, sobald sie in voller Farbe beim Frühstücksfernsehen erschienen war.

„Du siehst besorgt aus“, sagte Bryn und griff nach ihrem Arm. Sie begannen durch die Regalreihen zu laufen.

„Es ist eben nur, dass sich so viel auf Arbeit ändert“, sagte Keira. „Meine Karriere verläuft anders, als ich es gedacht hätte.“

„Weil du die Möglichkeit hast im Fernsehen aufzutreten?“, fragte Bryn ungläubig.

„Ich habe ja nicht gesagt, dass es schlecht ist“, korrigierte sie Keira. „Nur anders. Ich meine, ich bin introvertiert und ein Bücherwurm. Du bist die laute, selbstsichere Person von uns beiden. Wenn von uns beiden eine im Fernsehen sein sollte, dann bist du es.“

Bryn machte ein pfeifendes Geräusch. „Mach dich nicht lächerlich. Schwimm einfach mit dem Strom, Schwester. Und genieße die Reise.“

Sie kamen in den Wohnzimmerbereich, wo alle Gänge mit Sofas gefüllt waren.

„Ich versuche es ja“, erzählte ihr Keira. „Du weißt, wie schnell ich gestresst werde. Wie angespannt ich sein kann. Mich zu entspannen, fällt mir wirklich nicht leicht.“

„Du würdest dich leichter entspannen, wenn du diesen entzückenden Zweisitzer kaufen würdest“, sagte Bryn und zeigte auf eine leuchtend rote, Samt-bezogene Couch.

Keira lachte. „Das kommt überhaupt nicht in Frage!“

Bryn seufzte nur. „Du verstehst meine Vision nicht“, sagte sie theatralisch.

Sie hakte sich wieder bei Keira ein und sie gingen weiter.

„Glaubst du wirklich all die Dinge, die du geschrieben hast?“, fragte Bryn Keira nebenbei. „Deine Theorie über die Liebe und keinerlei Bindungen zu haben? Darüber unabhängig zu sein?“

Keira fragte sich, ob sie diese Frage in Bezug auf ihre kürzliche Verlobung stellte. Gerade in dem Moment, als Keira herausgefunden hatte, dass Liebe nicht unbedingt heißen musste, dass zwei Leben so miteinander verbunden waren, dass sie in eine einzige Einheit verschmelzen mussten, hatte Bryn ihren eigenen Stil komplett auf den Kopf gestellt, um sich niederzulassen.

„Du hast auch immer so gedacht“, erinnerte sie Keira.

Bryn zuckte mit den Schultern. „Ich weiß. Aber es ist eine einsame Daseinsform. Ich war immer neidisch auf das, was du mit Zach hattest.“

Das waren Neuigkeiten für Keira.

„Wirklich?“, fragte sie. „Aber du hast mich ununterbrochen deswegen gehänselt. Gesagt, dass ich zu früh zu alt gewesen wäre.“

„Ich dachte, ich hätte alle Antworten“, erklärte Bryn. „Aber in Wirklichkeit hatte ich nur Angst davor mich festzulegen. So sehr ich es hasse, es zugeben zu müssen, aber unsere Mutter hat recht bezüglich dessen, dass ihre Scheidung mir das Heiraten vermiest hat. Ich wollte mich nicht auf irgendjemanden verlassen, nachdem ich gesehen hatte, was ihr passiert war. Aber jetzt kann ich sehen, wie toll es ist, einen Mann um sich zu haben, zu jemandem nach Hause zu kommen, sich auf jemanden zu verlassen. Dieser ganze skandinavische Trend, den du gestartet hast, erscheint mir so einsam. Zu beiläufig. Wo ist denn da die Sicherheit?“

Keira war überrascht so viel Grübelei von Bryn zu hören. Ihre Schwester handelte eigentlich mehr, als zu denken und sie war schockiert zu hören, wie tiefgründig sie darüber nachgedacht hatte.

Sie schafften es in die Lampenabteilung. Bryn hielt ihre Hand hoch zu einem Kristallkronleuchter, dessen Licht ihren Verlobungsring glitzern ließ. „Ich möchte, dass du dieses Gefühl auch hast“, sagte Bryn zu Keira. „Ich bin so glücklich.“

Keiras erster Gedanke war: Wer ist diese Frau? Ihre Schwester hatte sich in sehr kurzer Zeit so sehr verändert, dass es genug war, um ihr Kopfschmerzen zu bereiten. Aber insgesamt war sie froh, sie so zufrieden zu sehen.

„Ich freue mich für dich“, sagte Keira zu ihr. „Aber wir haben verschiedene Pfade. Hätte ich mich mit Zach niedergelassen, hätte ich niemals das gehabt, was sich mit Shane hatte. Ohne Shane hätte es keinen Cristiano gegeben und keinen Milo. Alle diese Beziehungen waren mir wichtig. Ich hätte wirklich nicht eine von ihnen missen wollen.“

Gerade als sie das sagte, konnte sie nicht anders, als an den Ring zu denken, den Cristiano herausgezogen hatte, als er ihr einen Heiratsantrag gemacht hatte. Eine Welle der Einsamkeit überkam sie. Sie hätte sich so leicht mit ihm niederlassen können. Sie hätte ihn dann und dort wählen können. Aber was dann? Sie hätte niemals Milo kennengelernt, niemals den Artikel über Skandinavien geschrieben, der jetzt ihr Leben veränderte. Alles passierte aus gutem Grund. Sie glaubte wirklich fest daran. Wenn einer der Männer, mit denen sie bisher zusammen gewesen war, der Richtige für sie gewesen wäre, dann hätte ihr das Universum doch irgendeine Art Zeichen gegeben.

„In Ordnung, Schwester, ich habe es!“, erklärte Bryn und unterbrach damit ihre Träumerei.

Keira sah auf und sah ihre Schwester an einem wunderschönen Schreibtisch mit Stuhl stehen. Es gab eine kleine Schreibtischlampe und ein Bücherregal für Bücher, das daran befestigt war. Er hatte sogar eine kleine flache Schublade für Stifte. Dieses Mal hatte Bryn das Richtige gewählt.

„Der ist perfekt“, schwärmte Keira.

Sie rannte hinüber zu ihrer Schwester und strich mit den Fingerspitzen über den hübschen Tisch.

„Siehst du?“, sagte Bryn. „Ich habe es dir doch gesagt. Ich habe eine Vision. Du musst mir nur Vertrauen.“

Keira lachte. „Gut. Ich übergebe mich dem Bryn-Prozess vollständig. Mach, was du willst!“

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