Читать бесплатно книгу «Für Jetzt und Für Immer» Sophie Love полностью онлайн — MyBook
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Emily dachte angestrengt nach und versuchte sich daran zu erinnern, ob sie irgendwo im Haus eine Schaufel gesehen hatte. „Okay, ich werde mein Bestes geben. Vielen Dank.“

Er legte auf und Emily machte sich ans Werk. Sie rannte zurück in die Küche, wo sie in jedem Schrank nachschaute. Sie fand nicht einmal etwas annähernd Brauchbares, weshalb sie auch alle Schränke in der Vorratskammer überprüfte und dann in den Haushaltsraum ging. Schließlich fand sie an der Hintertür gelehnt eine Schneeschaufel. Emily hätte nie gedacht, dass sie sich eines Tages einmal so sehr über den Anblick einer Schaufel freuen würde, doch nun griff sie danach, als wäre es eine Rettungsleine. Ihre Begeisterung über ihren Fund war so groß, dass sie fast vergessen hätte, sich Schuhe anzuziehen. Doch gerade, als sie die Hintertür öffnen wollte, fiel ihr Blick auf ihre Laufschuhe, die aus der Tasche, die sie dort abgestellt hatte, herausschauten. Schnell zog sie sie an und riss mit ihrer wertvollen Schaufel in der Hand die Tür auf.

Sofort wurde ihr bewusst, wie stark der Schneesturm wirklich gewesen war. Den Schnee durch ein Fenster zu betrachten war eine Sache, aber ihn wie eine ein Meter hohe Mauer direkt vor sich zu haben, war eine ganz andere.

Emily verschwendete keine Zeit. Sie rammte die Schaufel in die Wand aus Schnee und Eis und begann, einen Pfad vom Haus weg zu schaufeln. Es war harte Arbeit, innerhalb von wenigen Minuten konnte sie spüren, wie der Schweiß ihren Rücken hinunterrann, ihre Arme schmerzten und sie war sich sicher, dass sie, wenn sie fertig war, Blasen an den Handflächen haben würde.

Nachdem sie sich durch einen Meter Schnee gearbeitet hatte, fand Emily so langsam ihren Rhythmus. Diese Arbeit, dieser Schwung, den man brauchte, um den Schnee wegzuschaufeln hatte etwas Befreiendes. Sogar die physischen Unannehmlichkeiten schienen an Bedeutung zu verlieren, weil sie sah, dass sich ihre Mühe lohnte. In New York war ihre Lieblingssportart das Laufen auf einem Laufband gewesen, doch das hier war ein besseres Training als alles, was sie je zuvorgetan hatte.

Emily schaffte es, hinter dem Haus einen drei Meter langen Weg zu schaufeln.

Aber als sie aufschaute, stellte sie verzweifelt fest, dass der Rohrleitungsausgang noch gut zwölf Meter entfernt war – doch bereits jetzt war sie schon komplett erschöpft.

Um sich nicht von ihrer Verzweiflung leiten zu lassen, beschloss sie, sich eine kleine Pause zu gönnen, um wieder zu Atem zu kommen. Währenddessen entdeckte sie das Haus des Grundstückspflegers, das ein Stück weiter hinten im Garten versteckt hinter immergrünen Bäumen und Büschen lag. Aus dem Kamin stieg eine kleine Rauchwolke auf und aus den Fenstern fiel Licht nach draußen. Emily musste sich unwillkürlich vorstellen, wie Daniel mit einem Tee dort drinnen saß und es kuschelig warm hatte.

Er würde ihr helfen, daran zweifelte sie nicht, doch sie wollte sich bewähren. Er hatte sie am Abend zuvor gnadenlos aufgezogen und wahrscheinlich heute Morgen Eric angerufen. Er musste sie für eine Dame in Nöten halten und Emily wollte ihm nicht die Genugtuung geben, ihn in seiner Annahme zu bestätigen.

Doch erneut beschwerte sich ihr Magen und sie war erschöpft. Viel zu erschöpft, um weiterzumachen. Emily stand in dem von ihr geschaffenen Weg, plötzlich überwältigt von ihrer Zwangslage. Sie war zu stolz, um nach der Hilfe zu fragen, die sie brauchte, und zu schwach, die notwendige Arbeit selber zu erledigen. In ihr baute sich Frustration auf, sodass sich in ihren Augen Tränen sammelten. Doch diese machten sie nur noch wütender auf ihre eigene Nutzlosigkeit. Innerlich schalt sie sich und beschloss, wie ein kleines Kind, nach Hause zu gehen, sobald der Schnee geschmolzen war.

Emily schmiss die Schaufel in den Schnee und stapfte zurück ins Haus, mittlerweile waren ihre Turnschuhe komplett durchgeweicht. An der Tür trat sie sich von den Füßen und ging zurück ins Wohnzimmer, um sich am Feuer aufzuwärmen.

Dort ließ sie sich auf das staubige Sofa fallen und schnappte sich ihr Handy, bereit, Amy anzurufen, um ihr die bereits erwarteten Neuigkeiten mitzuteilen, dass sie bei ihrem ersten und einzigen Versuch, selbstständig zu sein, versagt hatte. Doch die Batterie des Handys war leer. Mit einem unterdrückten Schrei schmiss Emily das nutzlose Teil auf das Sofa, bevor sie sich komplett erschlagen auf die Seite fallen ließ.

Zwischen ihren Schluchzern hörte Emily ein kratzendes Geräusch von draußen. Sie setzte sich auf, trocknete die Augen und rannte anschließend ans Fenster, um hinauszuschauen. Sofort sah sie, dass Daniel dort war und sich mit ihrer zurückgelassenen Schaufel durch den Schnee grub und das zu Ende brachte, was sie nicht geschafft hatte. Sie konnte kaum glauben, wie schnell er es schaffte, den Schnee wegzuräumen, wie geschickt er war und wie leicht ihm die Aufgabe fiel, als ob er dazu geboren wäre, das Land zu bearbeiten. Doch ihre Bewunderung hielt nur kurz an. Anstatt dankbar oder zufrieden zu sein, dass Daniel es geschafft hatte, einen Weg zu dem Rohrausgang frei zu schaufeln, war sie wütend auf ihn, sie richtete die Wut über ihre eigene Unfähigkeit gegen ihn.

Ohne darüber nachzudenken, was sie tat, schnappte sich Emily ihre nassen Turnschuhe und zog sie sich wieder an. In ihrem Kopf schwirrten die Gedanken umher; Erinnerungen all ihrer nutzlosen Ex-Lebenspartner, die ihr nicht zugehört hatten, die versucht hatten, sie zu ‚retten‘. Damit meinte sie nicht nur Ben, vor ihm hatte es Adrian gegeben, der so überfürsorglich war, dass er sie erdrückt hatte. Vor diesem war sie mit Mark zusammen gewesen, der sie wie eine zerbrechliche Vase behandelt hatte. Sie alle hatten von ihrer Vergangenheit gewusst – das mysteriöse Verschwinden ihres Vaters war nur die Spitze des Eisbergs – weswegen sie der Meinung gewesen waren, dass man sie beschützen musste. All diese Männer in ihrer Vergangenheit hatten sie schwach werden lassen, doch nun würde sie das nicht mehr dulden.

Sie stürmte in den Schnee hinaus.

„Hey!“, schrie sie. „Was machst du denn da?“

Daniel hielt nur kurz inne. Er schaute sie nicht einmal an, sondern schaufelte einfach weiter, bevor er ruhig antwortete, „Ich mache den Weg frei.“

„Das sehe ich“, gab Emily zurück. „Was ich meine ist, warum du das tust, wenn ich dir doch gesagt habe, dass ich deine Hilfe nicht brauche?“

„Weil du sonst erfrierst“, erwiderte Daniel lediglich, er sah sie immer noch nicht an. „Und so auch das Wasser, jetzt, da ich es aufgedreht habe.“

„Na und?“, entgegnete Emily. „Was kümmert es dich, wenn ich erfriere? Es ist mein Leben. Ich kann erfrieren, wenn ich das will.“

Daniel beeilte sich mit seinen Antworten nicht und gab dem Streit, den sie so offensichtlich vom Zaun brechen wollte, auch keine neue Munition. Er schaufelte einfach weiter, ruhig, methodisch und so unbeeindruckt von ihrer Gegenwart, als ob sie gar nicht dastünde.

„Ich werde mich nicht zurücklehnen und dich sterben lassen“, antwortete Daniel.

Emily verschränkte ihre Arme. „Ich denke, das ist etwas melodramatisch, findest du nicht? Es gibt einen großen Unterschied zwischen einer Erkältung und dem Tod!“

Schließlich rammte Daniel die Schaufel in den Schnee und richtete sich auf. Sein Blick traf den ihren, sein Gesichtsausdruck war unleserlich. „Dieser Schnee lag so hoch, dass er den Abluftschacht bedeckte. Wenn du den Boiler anschaltest, würden alle Ausstöße direkt ins Haus zurückgehen. Du wärest innerhalb von zwanzig Minuten an einer Kohlenstoffvergiftung gestorben.“ Er sprach die Worte so sachlich aus, dass Emily sprachlos war. „Wenn du sterben willst, dann tu es, wenn du alleine bist. Aber es passiert nicht, solange ich in der Nähe bin.“ Dann warf er die Schaufel auf den Boden und ging zu dem Kutschenhaus zurück.

Emily stand dort und beobachtete, wie er davonging. Sie spürte, wie ihre Wut nachließ, nur, um von einem Schamgefühl ersetzt zu werden. Sie fühlte sich schrecklich, auf diese Weise mit Daniel gesprochen zu haben. Er versuchte nur zu helfen und sie hatte es ihm wie ein unerzogenes Kind zum Vorwurf gemacht.

Sie war versucht, ihm hinterherzulaufen, um sich bei ihm zu entschuldigen, doch in diesem Moment tauchte der Öl-LKW am Ende der Straße auf. Emilys Herz machte Luftsprünge, sie war erstaunt, wie sehr sie sich über die bloße Tatsache freute, Öl geliefert zu bekommen. In dem Haus in Maine zu sein war ein riesiger Unterschied zu ihrem Leben in New York.

Emily beobachtete, wie Eric aus dem Truck heraussprang und war überrascht, wie fit er in seinem Alter noch war. Er trug einen mit Ölflecken übersäten Overall wie Hausmeister in Zeichentrickfilmen. Sein Gesicht war von den Jahreszeiten gezeichnet, doch wirkte freundlich.

„Hi“, sagte er genauso unsicher, wie er am Telefon geklungen hatte.

„Ich bin Emily“, stellte sie sich vor und bot ihm ihre Hand zum Schütteln an. „Ich bin wirklich froh, dass Sie hier sind.“

Eric nickte nur und machte sich gleich daran, die Ölpumpe zum Laufen zu bringen. Es war offensichtlich, dass er nicht gerne redete und Emily stand tatenlos neben ihm, sah ihm bei der Arbeit zu und lächelte jedes Mal schwach, wenn sie bemerkte, dass sein Blick zu ihr hinüberschweifte, als ob ihn die Tatsache, dass sie noch immer hinter ihm stand, verwirrte.

„Können Sie mir den Boiler zeigen?“, fragte er, sobald alles gerichtet war.

Emily dachte an den Keller, an ihre Abneigung gegen die riesigen Maschinen darin, die das Haus versorgten, an die vielen tausenden Spinnen, die im Laufe der Jahre ihre Netze gesponnen hatten.

„Ja, hier entlang“, erwiderte sie mit leiser, dünner Stimme.

Eric holte seine Taschenlampe heraus und zusammen gingen sie hinunter in den unheimlichen, dunklen Keller. Genau wie Daniel schien auch Eric eine Begabung für mechanische Arbeiten zu besitzen. Innerhalb von Sekunden sprang der riesige Boiler an. Emily konnte sich nicht beherrschen und warf ihre Arme um den älteren Mann.

„Es funktioniert! Ich kann gar nicht glauben, dass es funktioniert!“

Eric versteifte sich bei ihrer Berührung. „Nun ja, Sie sollten mit so einem alten Haus nicht herumspielen“, entgegnete er.

Emily ließ ihre Arme fallen. Es war ihr egal, dass noch eine weitere Person ihr dazu riet, aufzugeben, und ihr sagen wollte, dass sie nicht gut genug war. Jetzt funktionierten die Heizung und das Wasser, was bedeutete, dass sie nicht als Versagerin nach New York zurückkehren musste.

„Hier“, sagte Emily, während sie ihren Geldbeutel hervorholte. „Wie viel schulde ich Ihnen?“

Doch Eric schüttelte nur seinen Kopf. „Es ist schon bezahlt“, antwortete er.

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