Читать книгу «Eine Liebe in Paris » онлайн полностью📖 — Sophie Love — MyBook.
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KAPITEL SECHS

Keira erwachte am nächsten Morgen mit einem schweren Kopf. Aber sobald sie sich umdrehte und Cristianos wunderbares Gesicht erblickte, seufzte sie zufrieden. Die letzte Nacht war hinreißend gewesen und hatte all ihre Bedenken ausgeräumt. Es war ein Jammer, dass sie zur Arbeit musste und er allein zurückblieb.

Sie schlüpfte aus dem Bett, darauf bedacht, ihn nicht zu wecken, und betrat den Flur. Alles war noch dunkel, als sie Richtung Bad schlurfte.

Bei ihrer Mutter zu duschen, fühlte sich merkwürdig an. Keira konnte sich nicht erinnern, wann sie das letzte Mal hier übernachtet hatte. Jedenfalls nicht innerhalb der letzten zwei Jahre, denn da lebte sie mit Zachary zusammen.

Während sie das warme Wasser auf der Haut genoss, fragte sie sich, ob ihre Mutter vielleicht recht hatte. Vielleicht kümmerte sie sich nicht so sehr um sie, wie sie sollte. Cristianos Beziehung zu seinen Eltern war bewundernswert. Aber Keira hatte ihre Karriere immer über alles andere gestellt, und die Beziehung zu ihrer Mutter daher vernachlässigt. Sie konnte einiges von ihm lernen, stellte sie fest.

Sie beendete schnell das Duschen und schlang sich eines der Handtücher ihrer Mutter um, bevor sie den Flur betrat. Auf dem Weg zurück zum Zimmer hörte sie Geräusche aus der Küche. Neugierig lugte sie durch die Tür.

„Mom?“ Ihre Mutter stand da, im Bademantel, und gähnte.

„Guten Morgen, mein Liebling. Kaffee?“

Keira lächelte ihre Mutter an. „Bist du extra früh aufgestanden, um mir Kaffee zu machen?“ Sie war gerührt. Sie hatte sich innerlich darauf eingestellt, unterwegs etwas auf die Hand zu nehmen.

„Ich bekomme schließlich nicht jeden Tag die Gelegenheit dazu“, erwiderte Mallory.

Keira betrat die Küche und küsste ihre Mutter auf die Wange. „Danke, das ist wirklich nett von dir.“

Mallory wirkte überrascht. „Ich glaube, Cristiano hat einen sehr guten Einfluss auf dich.“

„Der Gedanke ist mir auch schon gekommen.“

Sie kehrte zurück in ihr Zimmer und zog sich in der Dunkelheit an, während Kaffeeduft sich im ganzen Apartment ausbreitete. Als sie aus dem Zimmer trat, wurde es draußen gerade hell.

„Schläft er noch?“, fragte Mallory, als Keira in die Küche zurückkehrte.

„Ja.“ Sie nahm den Kaffee, den die Mutter ihr reichte, und nippte daran. Er war etwas bitter, aber so früh am Morgen konnte sie von ihrer Mutter wohl kaum einen perfekten Kaffee erwarten.

„Du wirst ihn nicht mit Fragen bombardieren, sobald er aufgestanden ist, oder?“

Mallory machte ein tadelndes Geräusch. „Liebling, wir müssen doch wissen, wer er ist. Du kannst nicht einfach jeden Monat deine Liebe für einen Anderen verkünden und nicht erwarten, dass wir ein bisschen misstrauisch werden.“

Keira seufzte schicksalsergeben. „Na gut, Mom. Das verstehe ich. Ich benehme mich in letzter Zeit etwas verrückt. Vergraule ihn aber bitte nicht.“ Sie trank den Kaffee aus und küsste ihre Mutter erneut auf die Wange. „Ich habe dich lieb. Danke für das Essen.“

Dann beeilte sie sich, die U-Bahn zur Arbeit zu erwischen.

*

Eine ganze Stunde in der U-Bahn zu verbringen, war keine gute Art, den Tag zu beginnen. Als Keira endlich ausstieg, fühlte sie sich schmuddelig, als hätte sie nicht am Morgen schon geduscht. Und ihre Kleidung war verknittert. Kein guter Eindruck am ersten Tag zurück im Büro.

Aber als sie durch die großen Glastüren das Büro von Viatorum betrat, machte sie sich um ihre Erscheinung keine Sorgen mehr. Ihre Kollegen sprangen von ihren Stühlen und kamen eilig auf sie zu.

„Keira!“, rief Denise und umarmte sie stürmisch. „Du hast es geschafft!“

„Was geschafft?“

„Unser aller Jobs gerettet!“, erklärte Denise. „Jetzt machen wir gute Gewinne. Lance meint, wir müssten dann auch nicht alles umkrempeln. Keine Ratgeberkolumne oder Rezepte.“ Sie verzog das Gesicht.

„Das ist doch großartig“, erwiderte Keira lächelnd. Sie konnte nicht recht glauben, dass allein ihr Artikel das bewirkt haben sollte.

„Wann lernen wir ihn denn kennen?“, fragte Denise ganz aufgeregt.

„Ihn?“

„Cristiano!“

Keira entging nicht der schwärmerische Unterton ihrer Kollegin.

„Nun, ich hatte eigentlich nicht vor, ihn mit ins Büro zu bringen“, gab sie zurück.

Denise runzelte die Stirn. „Aber du musst. Du kannst nicht erst dafür sorgen, dass wir uns alle in ihn verlieben, und ihn uns dann vorenthalten! Ich meine, allein von deiner Beschreibung her klingt er einfach umwerfend. Ist er umwerfend?“

Nun, also … schon, aber …“, fing Keira an.

„Dann musst du ihn mitbringen. Bitte, Keira.“

Keira gefiel das nicht. Cristiano war doch kein Souvenir aus dem Urlaub. Er war ihr Lover. Denise verwechselte da offenbar Fiktion und Fakten. Hatte Keira etwa aus Versehen aus Cristiano einen romantischen Protagonisten gemacht?

Ihr Blick fiel auf Nina, die an ihrem Tisch saß und ihr kurz zuwinkte, dann aber weiter tippte. Sie erledigte, was sie zu tun hatte und kam dann ebenfalls zu ihr herüber. Sie umarmten sich.

„Gute Arbeit bei dem Artikel, Keira. Wie gewohnt.“

Keira wurde rot. „Danke.“

„Schön, dass du wieder da bist.“

„Ja, finde ich auch.“ Keira grinste. „Es ist so lange her, dass ich sogar Spaß dran hatte, meine Wäsche zu waschen.“

Sie ging in die Richtung ihres Büros, aber Nina hielt sie am Arm fest. Keira blieb stehen.

„Nicht so schnell. Elliot will dich sehen.“

„Oh?“ Keira blickte zur der offenen Tür zu seinem Büro. Sie konnte eine leichte Nervosität nicht unterdrücken. Auch wenn sie mit Elliot gut auskam, war er dennoch eine beeindruckende Persönlichkeit, was auch an seiner Größe lag. „Jetzt sofort?“

„Jap.“ Nina lächelte.

Da war etwas in ihrem Blick. Sie verbarg etwas vor Keira. Das machte Keiras Unbehagen nur noch größer.

Sie atmete tief durch, änderte die Richtung und ging zu Elliots Büro.

Als sie eintrat, blickte er auf. Zu Keiras Erstaunen stand er auf und breitete die Arme aus, um sie zu umarmen. Keira ließ es irritiert geschehen. Es fühlte sich an, wie bei einem Kind, das einen entfernten Onkel umarmte. Diese Vertraulichkeit passte nicht zu ihm.

„Meine Heldin ist wieder da“, sagte er und setzte sich wieder. „Ich nehme an, du hast die Neuigkeiten schon vernommen?“

„Was genau?“

„Die aktuelle Zahl unserer Abonnenten.“

„Nein“, gab Keira zu.

„Sie steigt unaufhörlich. Lance ist begeistert. Er meint, solange das so bleibt, muss er keine Veränderungen am Magazin vornehmen. Alles kann so bleiben, wie es immer war. Solange du tust, was du tust.“

Keira wusste nicht genau, wie sie das verstehen sollte. „In welcher Hinsicht?“

„Die Artikel über die Liebe. Der Romantik-Guru.“

Keira spürte plötzlich eine Enge in der Brust. Hatte Elliot ihren letzten Artikel überhaupt gelesen? Sie war verliebt. Echt verliebt in einen realen Menschen, der mit ihr zusammen sein wollte. Nicht wie Shane, der andere Prioritäten gehabt hatte. Cristiano war wirklich mit ihr um die halbe Welt gereist, hatte seine Heimat, seine Familie, seine Arbeit und sein Land zurückgelassen. Es gab keinen Romantik-Guru mehr. Jedenfalls nicht, wenn man von ihr erwartete, sich in jemand anderes zu verlieben.

„Tut mir leid“, sagte sie. „Soll ich demzufolge einen weiteren Artikel als Romantik-Guru verfassen?“

„Natürlich“, erwiderte Elliot verwirrt. „Das ist, was alle wollen. Unsere Leser. Sie lieben es. Können gar nicht genug davon bekommen. Unersättlich. Wir müssen da am Ball bleiben. Daher schicken wir dich umgehend wieder auf die Reise.“

Keiras Unbehagen wurde zur ausgewachsenen Panik. „Nein“, japste sie. „Das geht nicht. „Ich bin erst seit zwei Tagen wieder da!“

Wie lange würde Bryn wohl brauchen, um ihre Klauen in Cristiano zu schlagen? Oder Maxine? Ihre Mutter würde ihn vergraulen. Sie konnte nicht einfach wieder abreisen!

Elliot wirkte aufrichtig verwirrt. „Keira, es ist alles bereits geplant“, sagte er rundheraus. „Heather hat den Flug schon gebucht. Paris, Keira. PARIS. Das ist bisher der beste Auftrag und wir servieren ihn dir auf dem Silbertablett. Die anderen da draußen würden töten für diesen Auftrag.“

„Tut mir leid“, stammelte Keira. „Aber ich kann nicht. Ich liebe Cristiano aufrichtig. Das ist kein Spiel für mich. Ich möchte ihn nicht zurücklassen. Und ich möchte nicht verreisen und versuchen, jemand anderes für die Liebe zu finden.“ Sie holte tief Luft. „Wenn es das ist, was man von mir erwartet, dann kündige ich lieber.“

Elliot schüttelte den Kopf und hielt den Blick gesenkt. Zu ihrem Erstaunen bebten seine Schultern. Weinte er etwa? Wie wusste, wie eng es um das Magazin gestanden hatte, und wie viel er für Viatorum aufs Spiel gesetzt hatte, wie viel das Magazin ihm bedeutete. Aber es ging hier auch um ihr eigenes Leben. Sicher konnte jemand anderes die Rolle des Romantik-Gurus übernehmen? Sie konnten sogar so tun, als sie es gewesen, das war ihr egal. Was kümmerte es die Leser schon, wer dahinter steckte?

Aber dann bemerkte sie, dass er nicht weinte, sondern lachte. Sie bekam schlechte Laune, da sie nicht verstand, was so lustig war.

„Keira“, sagte Elliot schließlich. „Ich verlange doch nicht, dass du Cristiano verlässt. Ich möchte, dass ihr das beide gemeinsam macht!“

Keira hielt inne, vollkommen aus der Bahn geworfen. „Gemeinsam?“

„Ja!“, rief Elliot. „Unsere Leser lieben ihn. Sie malen Bilder von ihm und posten sie online! Alle reden über ihn im Forum.“

„Forum?“, wiederholte Keira.

Sie konnte nicht glauben, was er da sagte. Hatte sie wirklich ein so wunderbares Bild von ihrem italienischen Reiseführer gezeichnet, dass er dadurch zu einer Art Held geworden war?

„Ich verstehe es nicht“, sagte sie. „Wir sollen wirklich gemeinsam verreisen?“

„Eure Liebesgeschichte ist ein Hit, Keira. Die Leute wollen wissen, wie es weitergeht. Hashtag Team Shane oder Hashtag Team Cristiano. Wen wird sie heiraten?“

„HEIRATEN?“, rief Keira. „Was geht denn da ab? Ich glaube, ihr seid da alle etwas voreilig. Ich kenne Cristiano doch erst seit ein paar Wochen. Ich denke nicht ans Heiraten. Und er auch nicht!“ Sie verschränkte die Arme abwehrend vor der Brust. Sie war doch kein Spektakel!

Elliots Stimme wurde sanfter, offenbar erkannte er, dass sie nicht so begeistert war, wie er sich das vorgestellt hatte. „Keira, wir wollen einfach mehr von euch beiden sehen. Wie wird es in Paris für euch sein? Kann die Liebe an einem neuen Ort bestehen? In seiner Heimat Italien funktionierte es natürlich. Und hier, in deiner vertrauten Umgebung natürlich auch. Aber an einem für euch beide fremden Ort? Sozusagen auf neutralem Boden? Kann die Liebe da bestehen?“

Keira war vollkommen verblüfft. „Du möchtest meine Beziehung einem Stresstest unterziehen, um zu sehen, ob sie hält?“

Elliot legte den Kopf schief. Offenbar hatte er es von dieser Seite noch nicht betrachtet. „Nun, ich gehe natürlich nicht davon aus, dass die Beziehung daran zerbricht. Ich bin nur neugierig.“

„Neugierig“, wiederholte Keira. Sie war inzwischen ziemlich wütend. „Das ist mein Leben, Elliot. Mein echtes, reales, tatsächliches Leben. Ich bin keine Laborratte.“

Elliot schüttelte den Kopf. „Ich kann mich nicht gut ausdrücken. Schau, es geht doch nur darum, dass du mit dem Mann einen Monat in Paris verbringst. Ihr reist herum, seid verliebt. Du schreibst alles auf. Die Leser sind glücklich. Ihr beide seid glücklich. Ich bin glücklich. Punkt. Ende.“

„Aber es ist nicht das Ende, nicht wahr?“, hakte Keira nach. „Weil du nämlich auf einen Konflikt lauerst. Du willst die Latte höher legen.“

„Es ist einfach der ideale Blickwinkel“, sagte Elliot ruhig. „Um zu sehen, ob ihr beide gestärkt in eurer Liebe daraus hervorgeht.“

Keira bezweifelte nicht, dass ihre Beziehung einen Monat in Paris überstehen würde. Sie war sicher, dass sie bestehen würde. Was sie störte, war die Art und Weise, wie Elliot darüber redete. Als sei sie Teil eines Experiments oder eines Drehbuchs, anstatt eine reale Person mit echten Gefühlen.

Elliot stützte sich mit den Armen auf den Tisch. „Keira, wie sieht denn dein Leben in New York aktuell aus? Du hast nicht mal eine Wohnung, wohnst bei deiner Mutter.“

„Woher weißt du das?“, stammelte sie.

„Ich habe meine Quellen“, antwortete er achselzuckend.

Sie erinnerte sich daran, wie ihre Mutter sie in Italien angerufen hatte, um sie zu überzeugen, nicht zu kündigen. Elliot hatte diesen Anruf veranlasst.

„Hast du mit meiner Mutter gesprochen?“, fragte sie misstrauisch.

Er sah schuldbewusst drein, tat aber ganz unschuldig. „Mallory und ich reden hin und wieder.“

Keira sog scharf die Luft ein. Wieso mischte sich ihre Mutter so sehr in ihr Leben ein?

„Also“, fuhr Elliot fort und wischte das Thema damit vom Tisch. „Eine Reise nach Paris würde dir viel mehr Privatsphäre geben. Nur ihr beide, einen ganzen Monat lang. Keine Schwester, eine Mutter, die sich einmischen.“

Es klang gut, dachte Keira. Was machte es schon für einen Unterschied, ob sie ihre Beziehung in New York oder in Paris auslebten? Abgesehen von all den Menschen hier, die Cristiano unbedingt treffen wollten. In Paris hätten sie ihre Ruhe. Sie wären geradezu anonym unterwegs.

„Nach diesem Artikel kann ich die Zügel bei Viatorum vielleicht etwas lockern und dich befördern. Dann kannst du dir deine eigenen Aufträge aussuchen. Wenn es läuft und wir den richtigen Ton treffen für den Romantik-Guru, dann überlasse ich dir die Kontrolle über das ganze Projekt. Keine Sachen mehr auf den letzten Drücker, kein Antonio mehr.“

Keira verzog das Gesicht, als sie an ihren ersten Reiseführer in Italien dachte. Der übergewichtige, nach Käse stinkende, schlecht gelaunte Antonio.

„Meinst du das im Ernst?“, fragte sie. „Nur noch diesen einen Auftrag mit Cristiano und dann kann ich selbst entscheiden, welche Richtung der Romantik-Guru nimmt?“

„Wenn du auch weiterhin um die Welt reist und Artikel schreibst, ist mir egal, wohin.“

Keira wollte ihn auf die Probe stellen. „Australien?“

„Wieso nicht?“

„China?“

„Wenn du das willst.“

„Antarktis?“

„Solange du verliebt bist, während du da bist, kümmert mich alles andere nicht. Oder unsere Leser. Am Ende können wir aus all deinen Artikeln vielleicht sogar ein Buch machen.“

Keira lehnte sich zurück und überdachte die Aussichten gründlich. Wenn sie es richtig anstellte, würde sich vieles für sie verbessern. Nur noch einen Artikel unter Elliots Kontrolle, dann wäre sie unabhängiger. Und Autorin eines Buches zu werden, war ein echter Anreiz. Sie und Cristiano könnten die ganze Welt bereisen. Keine Spielereien mehr über Kuppelei und Liebestests. Sie könnte ihre eigene Liebesgeschichte schreiben.

Außerdem war es in New York derzeit wirklich etwas anstrengend. Bryns Couch oder ihr altes Kinderzimmer. Daran war nichts Romantisches. Aber Paris. Paris! Zum ersten Mal spürte sie das aufgeregte Kribbeln bei dem Gedanken, gemeinsam mit Cristiano die Stadt der Liebe zu erkunden. Küsse unterm Eiffelturm, verregnete Gehwege, Croissants in antiken Cafés, der Blick über die Seine, Museen, Kunst, Kultur, Architektur. Und dann drängte sich ihr ein anderes Bild hartnäckig auf: Cristiano auf einem Knie, mit einem glänzenden Ring in der Hand.

Sie hatte nicht an Heirat gedacht, bis Elliot es erwähnt hatte. Aber was, wenn ein Monat in Paris mit einem Ring endete? Es konnte sicherlich nicht schaden.

„Okay“, sagte sie schließlich. „Ich mache es.“

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