Spaziergänger aller Art ziehen hinaus.
Warum denn dort hinaus?
Wir gehn hinaus auf’s Jägerhaus.
Wir aber wollen nach der Mühle wandern.
Ich rath’ euch nach dem Wasserhof zu gehn.
Der Weg dahin ist gar nicht schön.
Was thust denn du?
Ich gehe mit den andern.
Nach Burgdorf kommt herauf, gewiß dort findet ihr
Die schönsten Mädchen und das beste Bier,
Und Händel von der ersten Sorte.
Du überlustiger Gesell,
Juckt dich zum drittenmal das Fell?
Ich mag nicht hin, mir graut es vor dem Orte.
Nein, nein! ich gehe nach der Stadt zurück.
Wir finden ihn gewiß bey jenen Pappeln stehen.
Das ist für mich kein großes Glück;
Er wird an deiner Seite gehen,
Mit dir nur tanzt er auf dem Plan.
Was gehn mich deine Freuden an!
Heut ist er sicher nicht allein,
Der Krauskopf, sagt er, würde bey ihm seyn.
Blitz wie die wackern Dirnen schreiten!
Herr Bruder komm! wir müssen sie begleiten.
Ein starkes Bier, ein beizender Toback,
Und eine Magd im Putz das ist nun mein Geschmack.
Da sieh mir nur die schönen Knaben!
Es ist wahrhaftig eine Schmach,
Gesellschaft könnten sie die allerbeste haben,
Und laufen diesen Mägden nach!
Nicht so geschwind! dort hinten kommen zwey,
Sie sind gar niedlich angezogen,
’s ist meine Nachbarin dabey;
Ich bin dem Mädchen sehr gewogen.
Sie gehen ihren stillen Schritt
Und nehmen uns doch auch am Ende mit.
Herr Bruder nein! Ich bin nicht gern genirt.
Geschwind! daß wir das Wildpret nicht verlieren.
Die Hand, die Samstags ihren Besen führt,
Wird Sontags dich am besten caressiren.
Nein, er gefällt mir nicht der neue Burgemeister!
Nun, da er’s ist, wird er nur täglich dreister.
Und für die Stadt was thut denn er?
Wird es nicht alle Tage schlimmer?
Gehorchen soll man mehr als immer,
Und zahlen mehr als je vorher.
Ihr guten Herrn, ihr schönen Frauen,
So wohlgeputzt und backenroth,
Belieb’ es euch mich anzuschauen,
Und seht und mildert meine Noth!
Laßt hier mich nicht vergebens leyern!
Nur der ist froh, der geben mag.
Ein Tag den alle Menschen feyern,
Er sey für mich ein Aerndetag.
Nichts bessers weiß ich mir an Sonn- und Feyertagen,
Als ein Gespräch von Krieg und Kriegsgeschrey,
Wenn hinten, weit, in der Türkey,
Die Völker auf einander schlagen.
Man steht am Fenster, trinkt sein Gläschen aus
Und sieht den Fluß hinab die bunten Schiffe gleiten;
Dann kehrt man Abends froh nach Haus,
Und segnet Fried’ und Friedenszeiten.
Herr Nachbar, ja! so laß ich’s auch geschehn,
Sie mögen sich die Köpfe spalten,
Mag alles durch einander gehn;
Doch nur zu Hause bleib’s beym Alten.
Ey! wie geputzt! das schöne junge Blut!
Wer soll sich nicht in euch vergaffen? —
Nur nicht so stolz! es ist schon gut!
Und was ihr wünscht das wüßt’ ich wohl zu schaffen.
Agathe fort! ich nehme mich in Acht
Mit solchen Hexen öffentlich zu gehen;
Sie ließ mich zwar, in Sanct Andreas Nacht,
Den künftgen Liebsten leiblich sehen.
Mir zeigte sie ihn im Krystall,
Soldatenhaft, mit mehreren Verwegnen;
Ich seh’ mich um, ich such’ ihn überall,
Allein mir will er nicht begegnen.
Burgen mit hohen
Mauern und Zinnen,
Mädchen mit stolzen
Höhnenden Sinnen
Möcht’ ich gewinnen!
Kühn ist das Mühen,
Herrlich der Lohn!
Und die Trompete
Lassen wir werben,
Wie zu der Freude,
So zum Verderben.
Das ist ein Stürmen!
Das ist ein Leben!
Mädchen und Burgen
Müssen sich geben.
Kühn ist das Mühen,
Herrlich der Lohn!
Und die Soldaten
Ziehen davon.
Faust und Wagner.
Vom Eise befreyt sind Strom und Bäche,
Durch des Frühlings holden, belebenden Blick,
Im Thale grünet Hoffnungs-Glück;
Der alte Winter, in seiner Schwäche,
Zog sich in rauhe Berge zurück.
Von dorther sendet er, fliehend, nur
Ohnmächtige Schauer körnigen Eises
In Streifen über die grünende Flur;
Aber die Sonne duldet kein Weißes,
Ueberall regt sich Bildung und Streben,
Alles will sie mit Farben beleben;
Doch an Blumen fehlts im Revier,
Sie nimmt geputzte Menschen dafür.
Kehre dich um, von diesen Höhen
Nach der Stadt zurück zu sehen.
Aus dem hohlen finstren Thor
Dringt ein buntes Gewimmel hervor.
Jeder sonnt sich heute so gern.
Sie feyern die Auferstehung des Herrn,
Denn sie sind selber auferstanden,
Aus niedriger Häuser dumpfen Gemächern,
Aus Handwerks- und Gewerbes Banden,
Aus dem Druck von Giebeln und Dächern,
Aus der Straßen quetschender Enge,
Aus der Kirchen ehrwürdiger Nacht
Sind sie alle ans Licht gebracht.
Sieh nur sieh! wie behend sich die Menge
Durch die Gärten und Felder zerschlägt,
Wie der Fluß, in Breit’ und Länge,
So manchen lustigen Nachen bewegt,
Und, bis zum Sinken überladen
Entfernt sich dieser letzte Kahn.
Selbst von des Berges fernen Pfaden
Blinken uns farbige Kleider an.
Ich höre schon des Dorfs Getümmel,
Hier ist des Volkes wahrer Himmel,
Zufrieden jauchzet groß und klein:
Hier bin ich Mensch, hier darf ich’s seyn.
Mit euch, Herr Doctor, zu spazieren
Ist ehrenvoll und ist Gewinn;
Doch würd’ ich nicht allein mich her verlieren,
Weil ich ein Feind von allem Rohen bin.
Das Fiedeln, Schreien, Kegelschieben,
Ist mir ein gar verhaßter Klang;
Sie toben wie vom bösen Geist getrieben
Und nennen’s Freude, nennen’s Gesang.
unter der Linde. Tanz und Gesang.
Der Schafer putzte sich zum Tanz,
Mit bunter Jacke, Band und Kranz,
Schmuck war er angezogen.
Schon um die Linde war es voll
Und alles tanzte schon wie toll.
Juchhe! Juchhe!
Juchheisa! Heisa! He!
So ging der Fiedelbogen.
Er druckte hastig sich heran,
Da stieß er an ein Madchen an,
Mit seinem Ellenbogen;
Die frische Dirne kehrt sich um
Und sagte: nun das find’ ich dumm
Juchhe! Juchhe!
Juchheisa! Heisa! He!
Seyd nicht so ungezogen.
Doch hurtig in dem Kreise ging’s,
Sie tanzten rechts sie tanzten links
Und alle Röcke flogen.
Sie wurden roth, sie wurden warm
Und ruhten athmend Arm in Arm,
Juchhe! Juchhe!
Juchheisa! Heisa! He!
Und Hüft’ an Ellenbogen.
Und thu mir doch nicht so vertraut!
Wie mancher hat nicht seine Braut
Belogen und betrogen!
Er schmeichelte sie doch bey Seit’
Und von der Linde scholl es weit:
Juchhe! Juchhe!
Juchheisa! Heisa! He!
Geschrei und Fiedelbogen.
Herr Doctor, das ist schön von euch,
Daß ihr uns heute nicht verschmäht,
Und unter dieses Volksgedräng’,
Als ein so Hochgelahrter, geht.
So nehmet auch den schönsten Krug,
Den wir mit frischem Trunk gefüllt,
Ich bring’ ihn zu und wünsche laut,
Daß er nicht nur den Durst euch stillt;
Die Zahl der Tropfen, die er hegt,
Sey euren Tagen zugelegt.
Ich nehme den Erquickungs-Trank,
Erwiedr’ euch allen Heil und Dank.
Das Volk sammelt sich im Kreis umher.
Fürwahr es ist sehr wohl gethan,
Daß ihr am frohen Tag erscheint;
Habt ihr es vormals doch mit uns
An bösen Tagen gut gemeynt!
Gar mancher steht lebendig hier,
Den euer Vater noch zuletzt
Der heißen Fieberwuth entriß,
Als er der Seuche Ziel gesetzt.
Auch damals ihr, ein junger Mann,
Ihr gingt in jedes Krankenhaus,
Gar manche Leiche trug man fort,
Ihr aber kamt gesund heraus,
Bestandet manche harte Proben;
Dem Helfer half der Helfer droben.
Gesundheit dem bewährten Mann,
Daß er noch lange helfen kann!
Vor jenem droben steht gebückt,
Der helfen lehrt und Hülfe schickt.
Er geht mit Wagnern weiter.
Welch ein Gefühl mußt du, o großer Mann!
Bey der Verehrung dieser Menge haben!
O! glücklich! wer von seinen Gaben
Solch einen Vortheil ziehen kann.
Der Vater zeigt dich seinem Knaben,
Ein jeder fragt und drängt und eilt,
Die Fiedel stockt, der Tänzer weilt.
Du gehst, in Reihen stehen sie,
Die Mützen fliegen in die Höh’;
Und wenig fehlt, so beugten sich die Knie,
Als käm’ das Venerabile.
Nur wenig Schritte noch hinauf zu jenem Stein,
Hier wollen wir von unsrer Wandrung rasten.
Hier saß ich oft gedankenvoll allein
Und quälte mich mit Beten und mit Fasten.
An Hoffnung reich, im Glauben fest,
Mit Thränen, Seufzen, Händeringen
Dacht’ ich das Ende jener Pest
Vom Herrn des Himmels zu erzwingen.
Der Menge Beyfall tönt mir nun wie Hohn.
O könntest du in meinem Innern lesen,
Wie wenig Vater und Sohn
Solch eines Ruhmes werth gewesen!
Mein Vater war ein dunkler Ehrenmann,
Der über die Natur und ihre heilgen Kreise,
In Redlichkeit, jedoch auf seine Weise,
Mit grillenhafter Mühe sann.
Der, in Gesellschaft von Adepten,
Sich in die schwarze Küche schloß,
Und, nach unendlichen Recepten,
Das Widrige zusammengoß.
Da ward ein rother Leu, ein kühner Freyer,
Im lauen Bad, der Lilie vermählt
Und beyde dann, mit offnem Flammenfeuer,
Aus einem Brautgemach ins andere gequält.
Erschien darauf, mit bunten Farben,
Die junge Königin im Glas,
Hier war die Arzeney, die Patienten starben,
Und niemand fragte: wer genas?
So haben wir, mit höllischen Latwergen,
In diesen Thälern, diesen Bergen,
Weit schlimmer als die Pest getobt.
Ich habe selbst den Gift an Tausende gegeben,
Sie welkten hin, ich muß erleben
Daß man die frechen Mörder lobt.
Wie könnt ihr euch darum betrüben!
Thut nicht ein braver Mann genug;
Die Kunst, die man ihm übertrug,
Gewissenhaft und pünctlich auszuüben.
Wenn du, als Jüngling, deinen Vater ehrst,
So wirst du gern von ihm empfangen;
Wenn du, als Mann, die Wissenschaft vermehrst,
So kann dein Sohn zu höhrem Ziel gelangen.
O! glücklich! wer noch hoffen kann
Aus diesem Meer des Irrthums aufzutauchen.
Was man nicht weiß das eben brauchte man,
Und was man weiß kann man nicht brauchen.
Doch laß uns dieser Stunde schönes Gut,
Durch solchen Trübsinn, nicht verkümmern!
Betrachte wie, in Abendsonne-Glut,
Die grünumgebnen Hütten schimmern.
Sie rückt und weicht, der Tag ist überlebt,
Dort eilt sie hin und fördert neues Leben.
O! daß kein Flügel mich vom Boden hebt,
Ihr nach und immer nach zu streben.
Ich säh’ im ewigen Abendstrahl
Die stille Welt zu meinen Füßen,
Entzündet alle Höhn, beruhigt jedes Thal,
Den Silberbach in goldne Ströme fließen.
Nicht hemmte dann den göttergleichen Lauf
Der wilde Berg mit allen seinen Schluchten;
Schon thut das Meer sich mit erwärmten Buchten
Vor den erstaunten Augen auf.
Doch scheint die Göttin endlich wegzusinken;
Allein der neue Trieb erwacht,
Ich eile fort ihr ew’ges Licht zu trinken,
Vor mir den Tag, und hinter mir die Nacht,
Den Himmel über mir und unter mir die Wellen.
Ein schöner Traum, indessen sie entweicht.
Ach! zu des Geistes Flügeln wird so leicht
Kein körperlicher Flügel sich gesellen.
Doch ist es jedem eingeboren,
Daß sein Gefühl hinauf und vorwärts dringt,
Wenn über uns, im blauen Raum verloren,
Ihr schmetternd Lied die Lerche singt;
Wenn über schroffen Fichtenhöhen
Der Adler ausgebreitet schwebt,
Und über Flächen, über Seen,
Der Kranich nach der Heimat strebt.
Ich hatte selbst oft grillenhafte Stunden,
Doch solchen Trieb hab’ ich noch nie empfunden.
Man sieht sich leicht an Wald und Feldern satt,
Des Vogels Fittig werd’ ich nie beneiden.
Wie anders tragen uns die Geistesfreuden,
Von Buch zu Buch, von Blatt zu Blatt!
Da werden Winternächte hold und schön,
Ein selig Leben wärmet alle Glieder,
Und ach! entrollst du gar ein würdig Pergamen;
So steigt der ganze Himmel zu dir nieder.
Du bist dir nur des einen Triebs bewußt,
O lerne nie den andern kennen!
Zwey Seelen wohnen, ach! in meiner Brust,
Die eine will sich von der andern trennen;
Die eine hält, in derber Liebeslust,
Sich an die Welt, mit klammernden Organen;
Die andre hebt gewaltsam sich vom Dust,
Zu den Gefilden hoher Ahnen.
O giebt es Geister in der Luft,
Die zwischen Erd’ und Himmel herrschend weben,
So steiget nieder aus dem goldnen Duft
Und führt mich weg, zu neuem buntem Leben!
Ja, wäre nur ein Zaubermantel mein!
Und trüg’ er mich in fremde Länder,
Mir sollt’ er, um die köstlichsten Gewänder,
Nicht feil um einen Königsmantel seyn.
Berufe nicht die wohlbekannte Schaar,
Die, strömend, sich im Dunstkreis überbreitet,
Dem Menschen tausendfältige Gefahr,
Von allen Enden her, bereitet.
Von Norden dringt der scharfe Geisterzahn
Auf dich herbey, mit pfeilgespitzten Zungen;
Von Morgen ziehn, vertrocknend, sie heran,
Und nähren sich von deinen Lungen;
Wenn sie der Mittag aus der Wüste schickt,
Die Glut auf Glut um deinen Scheitel häufen,
So bringt der West den Schwarm, der erst erquickt,
Um dich und Feld und Aue zu ersäufen.
Sie hören gern, zum Schaden froh gewandt,
Gehorchen gern, weil sie uns gern betrügen,
Sie stellen wie vom Himmel sich gesandt,
Und lispeln englisch, wenn sie lügen.
Doch gehen wir! ergraut ist schon die Welt,
Die Luft gekühlt, der Nebel fällt!
Am Abend schätzt man erst das Haus. —
Was stehst du so und blickst erstaunt hinaus?
Was kann dich in der Dämmrung so ergreifen?
Siehst du den schwarzen Hund durch Saat
und Stoppel streifen?
Ich sah ihn lange schon, nicht wichtig schien er mir.
Betracht’ ihn recht! für was hältst du das Thier?
Für einen Pudel, der auf seine Weise
Sich auf der Spur des Herren plagt.
Bemerkst du, wie in weitem Schneckenkreise
Er um uns her und immer näher jagt?
Und irr’ ich nicht, so zieht ein Feuerstrudel
Auf seinen Pfaden hinterdrein.
Ich sehe nichts als einen schwarzen Pudel,
Es mag bey euch wohl Augentäuschung seyn.
Mir scheint es, daß er magisch leise Schlingen,
Zu künft’gem Band, um unsre Füße zieht.
Ich seh’ ihn ungewiß und furchtsam uns umspringen,
Weil er, statt seines Herrn, zwey Unbekannte sieht.
Der Kreis wird eng, schon ist er nah!
Du siehst! ein Hund, und kein Gespenst ist da.
Er knurrt und zweifelt, legt sich auf den Bauch,
Er wedelt. Alles Hunde Brauch.
Geselle dich zu uns! Komm hier!
Es ist ein pudelnärrisch Thier.
Du stehest still, er wartet auf;
Du sprichst ihn an, er strebt an dir hinauf;
Verliere was, er wird es bringen,
Nach deinem Stock ins Wasser springen.
Du hast wohl recht, ich finde nicht die Spur
Von einem Geist, und alles ist Dressur.
Dem Hunde, wenn er gut gezogen,
Wird selbst ein weiser Mann gewogen.
Ja deine Gunst verdient er ganz und gar
Er, der Studenten trefflicher Scolar.
Sie gehen in das Stadt-Thor.
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