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Kapitel 7

5.33 Uhr

East Harlem, Bezirk Manhattan

Luke hielt den Atem an. Laute Geräusche waren nicht sein Ding und er wusste, dass es gleich sehr laut würde.

Er stand bewegungslos im schwachen Licht eines Mietshauses in Harlem. Er hatte seine Waffe gezogen, seinen Rücken an die Wand gepresst. Hinter ihm stand Ed Newsam in fast der gleichen Pose. Vor ihnen stand auf jeder Seite der Wohnungstür ein halbes Dutzend SWAT Teammitglieder in Helmen und Schutzwesten.

Das Gebäude war totenstill. Staubpartikel hingen in der Luft. Kurz zuvor hatte ein kleiner Roboter eine winzige Kamera unter der Tür durchgeschoben, um eventuelle Sprengsätzen auf der anderen Seite auszumachen. Negativ. Der Roboter war gerade zurückgekommen.

Zwei Männer des SWAT-Teams traten nun mit einem schweren Rammbock heran. Es war einer dieser schwingenden Böcke, jeweils ein Beamter hielt ihn an einem Griff auf jeder Seite. Sie machten keinerlei Geräusche. Der Leiter des SWAT-Teams hob seine Faust in die Höhe. Sein Zeigefinder schnellte nach oben. Das war eins. Mittelfinger. Zwei. Ringfinger… Die zwei Männer holten Schwung und stießen zu. BUMM! Die Tür zersplitterte und die Männer duckten sich. Die vier anderen schwärmten hinein. Plötzlich schrie jemand, „Runter! Runter! Duckt euch!“ Irgendwo weiter unten im Gang fing ein Kind an zu weinen. Türen öffneten sich, Köpfe lugten heraus und wurden wieder zurückgezogen. Es war eines dieser Dinge hier. Manchmal kam die Polizei und brach in die Wohnung des Nachbarn ein.

Luke und Ed warteten etwa dreißig Sekunden bis das SWAT Team die Wohnung gesichert hatte. Die Leiche lag auf dem Boden im Wohnzimmer, genauso wie Luke es vermutet hatte. Er schaute kaum hin. „Alles klar?“ sagte er zum Leiter des SWAT-Teams. Er schaute Luke ein wenig finster an. Es hatte zuvor eine kurze Auseinandersetzung gegeben, als Luke dem Team Anweisungen geben wollte. Die Jungs waren von der New Yorker Polizeibehörde. Sie waren keine Schachfiguren, die sich von anderen FBI-Agenten einfach so herumkommandieren ließen. Das wollten sie Luke wissen lassen. Das war kein Problem für Luke, aber eine Terrorattacke war keine Situation, in der jemand irgendetwas einfach so tat.

„Alles klar,“ sagte der Leiter. „Das ist dann wohl Ihr Fachgebiet hier.“ „Danke,“ sagte Luke. Er zuckte mit den Schultern und wendete seinen Blick ab. Ed kniete neben der Leiche. Er hatte einen Scanner für Fingerabdrücke dabei. Er nahm Abdrücke von drei Fingern. „Was denkst du, Ed?“ Er hob die Schultern. „Ich habe Ken Byrants Abdrücke aus der Polizeidatenbank dabei. Wir sollten in ein paar Sekunden wissen, ob er es ist. So weit haben wir offenkundige Würgemale und Schwellungen. Der Körper ist noch ein wenig warm. Die Totenstarre hat eingesetzt, hat sich aber noch nicht vollständig ausgebreitet. Die Finger werden langsam blau. Ich würde sagen, dass er auf die gleiche Weise wie die Wächter im Krankenhaus gestorben ist, durch Erwürgen, vor ungefähr acht bis zwölf Stunden.“

Er sah zu Luke hoch. Er hatte ein Flackern in seinen Augen. „Wenn du seine Hose runterziehst, kann ich die Temperatur nehmen und die Tatzeit ein bisschen weiter eingrenzen.“

Luke lächelte und schüttelte seinen Kopf. „Nein danke. Acht bis zwölf Stunden ist ausreichend. Sag mir nur, ist er es?“

Ed warf einen Blick auf den Scanner. „Byrant? Jap. Er ist es.“

Luke holte sein Handy heraus und wählte Trudys Nummer. Am anderen Ende klingelte es. Einmal, zweimal, dreimal. Luke blickte um sich durch die düstere Finsternis der Wohnung. Die Wohnzimmereinrichtung war alt, die Polster zerrissen und die Unterstopfung der Armlehnen des Sofas quellte heraus. Ein abgenutzter Teppich bedeckte den Boden, leere Takeaway-Boxen und Plastikutensilien lagen auf dem Tisch verstreut. Schwere schwarze Vorhänge waren über den Fenstern befestigt.

Trudys Stimme ging ran, munter fast singend. „Luke,“ sagte sie. „Wie lange ist es her? Eine halbe Stunde?“

„Ich rufe wegen der vermissten Reinigungskraft an.“ „Ken Byrant,“ sagte sie. „Genau. Wir haben ihn gefunden. Newsam und ich sind in seiner Wohnung. Wir haben übereinstimmende Fingerabdrücke. Er ist vor etwa acht bis zwölf Stunden gestorben. Erwürgt, wie die Wächter.“ „Okay,“ sagte sie.

„Ich will, dass du dir sein Bankkonto ansiehst. Wahrscheinlich hat ihn das Krankenhaus per Überweisung bezahlt. Fang damit an und arbeite dich von dort aus durch.“

„Mmh, ich werde dafür eine Genehmigung brauchen.“

Luke machte eine Pause. Er verstand, warum sie zögerte. Trudy war eine gute Beamtin. Sie war jung und ambitioniert. Nicht wenigen hatte es die vielversprechende Karriere gekostet, Regeln zu brechen. Aber nicht immer. Manches Mal hatte es auch zu einer unverzüglichen Beförderung geführt. Es hing alles davon ab, wessen Regeln man brach und was letztlich dabei herauskam.

„Ist Swann bei dir?“ fragte er. „Ja.“ „Dann brauchst du keine Genehmigung.“ Sie gab keine Antwort.

„Trudy?“ „Ich bin da.“ „Wir haben keine Zeit, um Genehmigungen einzuholen. Menschenleben sind in Gefahr.“ „Ist Byrant in diesem Fall ein Verdächtiger?“ „Er ist von Interesse. Und er ist sowieso tot. Wir verletzen wohl kaum seine Rechte.“ „Ist das eine Anordnung von dir, Luke?“ „Das ist eine direkte Anweisung,“ sagte er. „Ich übernehme die Verantwortung. Wenn du so willst, teile ich dir hiermit mit, dass dein Job von der Befolgung dieser Anordnung abhängt. Also tu, was ich dir sage oder ich muss ein Disziplinarverfahren einleiten. Verstanden?“

Sie klang gereizt, fast wie ein Kind. „In Ordnung.“

„Gut. Wenn du Zugang zu seinem Konto hast, schau nach etwas, das aus der Reihe fällt. Geld, das dort nicht hingehört. Größere Einzahlungen oder Beträge, die abgehoben wurden. Elektronische Überweisungen. Wenn er ein Sparkonto hat oder andere Anlagen, die mit dem Konto in Verbindung stehen, überprüfe die auch. Wir sprechen hier von einem Ex-Häftling auf Bewährung. Er dürfte nicht allzu viel Geld haben. Wenn er doch welches hat, dann will ich wissen, wo es herkommt.“

„Okay, Luke.“ Er zögerte. „Wie läuft es mit den Nummernschildern?“ „Wir arbeiten so schnell wir können,“ sagte sie. „Wir haben Zugang zu Nachtaufnahmen der Fifth Avenue und der sechsundneunzigsten Straße sowie der Fifth Avenue und der vierundneunzigsten Straße und ein paar anderen in der Nachbarschaft. Wir verfolgen 198 Fahrzeuge, 46 davon mit hoher Priorität. Ich sollte in circa fünfzehn Minuten einen ersten Bericht aus den Zentralen reinbekommen.“

Luke blickte auf seine Uhr. Es wurde eng. „Okay. Gute Arbeit. Wir werden so schnell wie möglich runterkommen.“

„Luke?“ „Ja.“ „Die Story ist in allen Nachrichten. Es gibt drei Liveübertragungen. Alle bringen es als die Nachricht der Stunde.“ Er nickte. „Verstanden.“ Sie fuhr fort. „Der Bürgermeister hat eine Ankündigung für 6 Uhr angesetzt. Es klingt so, als würde er allen raten zu Hause zu bleiben.“ „Allen?“

„Er will, dass alles Personal, das nicht unbedingt notwendig ist, Manhattan fern bleibt. Alle Büroangestellten. Das ganze Reinigungspersonal und alle Verkäufer. Alle Schulkinder und Lehrer. Er wird vorschlagen, dass sich fünf Millionen Leute einen Tag Auszeit nehmen.“

Luke presste eine Hand an seinen Mund. Er atmete einmal tief durch. „Das sollte viel für die Kampfmoral tun,“ sagte er. „Wenn in New York alle zu Hause bleiben, schlagen sie wahrscheinlich einfach in Philadelphia zu.“

Kapitel 8

5.45 Uhr

Baltimore, Maryland – Südlich von Fort McHenry in einem Tunnel

Eldrick stand etwa zehn Meter abseits des Lieferwagens. Er hatte sich erneut übergeben. Trockenes Würgen und Blut. Das Blut beunruhigte ihn. Ihm war immer noch schwindlig, das Fieber und die Hitze waren noch da, aber da nichts mehr in seinem Magen war, hatte die Übelkeit fast aufgehört. Das Beste war, dass er endlich den Wagen verlassen hatte.

Irgendwo über dem trüben Horizont gewann der Himmel an Helligkeit, ein blass krankes Gelb. Hier unten war es noch dunkel. Sie standen am finsteren Ufer eines einsamen Parkplatzes. Eine Highway-Überführung ragte zwanzig Stockwerke über ihren Köpfen in die Höhe. In der Nähe war ein verlassenes Industriegebäude aus Backstein mit zwei Schornsteinen. Die schwarzen Löcher in den Fenstern sahen aus wie tote Augen. Das Gebäude war von Stacheldraht eingezäunt. Schilder wiesen im Zehnmeter-Abstand darauf hin, dem Gebäude fernzubleiben. Es gab ein sichtbares Loch im Zaun. Das Gelände um das Gebäude war mit Büschen und hohem Gras wild bewachsen.

Er beobachtete Ezatullah und Momo. Ezatullah entfernte eines der großen magnetischen Abziehbilder mit der Aufschrift Dun-Rite Wäschedienst, trug es zum Ufer und schleuderte es über das Wasser. Er kam zurück und tat das gleiche mit der anderen Seite. Elderick wäre nie auf die Idee gekommen, dass man diese Magneten ablösen konnte. Unterdessen kniete Momo vor dem Lieferwagen in der Hand einen Schraubendreher, mit dem er das Nummernschild abmontierte und ein anderes anbrachte. Einen Moment später wiederholte er diesen Vorgang auf der Rückseite.

Ezatullah gestikulierte Richtung Lieferwagen. „Voilà!“ sagte er. „Ganz anderer Wagen. Versuch mich jetzt mal zu fangen, Uncle Sam.“ Ezatullahs Gesicht war hellrot und schwitzte. Er schien zu keuchen. Seine Augen waren blutunterlaufen.

Eldrick blickte sich um. Ezatullahs Zustand hatte bei ihm eine Idee geweckt. Die Idee schlug wie ein Blitz in seine Gedanken ein, kaum war sie da, war sie auch schon wieder verschwunden. Das war die sicherste Art zu denken. Die Leute konnten häufig Gedanken erraten, wenn sie einem in die Augen blickten.

„Wo sind wir?“ fragte er.

„Baltimore,“ sagte Ezatullah. „Eine weitere eurer großartigen amerikanischen Städte. Hier lässt es sich sehr gut leben, vermute ich. Kaum Kriminalität, wunderschöne Natur und die Bürger sind alle gesund und wohlhabend, für Menschen überall zu beneiden.“

In der Nacht hatte Eldrick halluziniert. Er hatte mehr als einmal das Bewusstsein verloren. Er hatte jegliches Zeitgefühl und seinen Orientierungssinn verloren. Aber dass sie soweit gekommen waren, überraschte ihn.

„Baltimore? Warum sind wir gerade hier?“ Ezatullah zuckte mit den Schultern. „Wir sind auf dem Weg zu unserem Zielort.“ „Das Ziel ist hier?“ Jetzt lächelte Ezatullah. Das Lächeln erschien in seinem von Strahlung vergifteten Gesicht zu verrücken. Er sah wie der Tod persönlich aus. Er streckte eine zitternde Hand aus und gab Eldrick einen freundschaftlichen Klaps auf die Schulter.

„Es tut mir leid, dass ich böse mit dir war, mein Bruder. Du hast gute Arbeit geleistet. Du hast alles getan, was du versprochen hattest. So Allah es will, hoffe ich, dass du noch an diesem Tag das Paradies erreichen wirst. Aber nicht durch meine Hand.“

Eldrick starrte ihn an.

Ezatullah schüttelte den Kopf. „Nein. Nicht Baltimore. Wir werden Richtung Süden fahren, um den leidenden Massen überall auf der Welt die Freude eines Schicksalsschlages zu bereiten. Wir werden die Höhle des Teufels selbst betreten und den Kopf des Biestes mit unseren eigenen Händen abtrennen.“

Eldrick lief ein kalter Schauder über den Oberkörper. Auf seinen Armen breitete sich Gänsehaut aus. Er bemerkte, dass sein eigenes Shirt geradezu in Schweiß schwamm. Das hörte sich in seinen Ohren nicht gut an. Wenn sie Richtung Süden fahren würden und gerade in Baltimore waren, dann war die nächste Stadt…

„Washington,“ sagte er. „Ja.“ Ezatullah lächelte erneut. Dieses Mal war es das ruhmvolle Lächeln eines Heiligen, der an den Toren des Himmels stand und darauf wartete Einlass zu erhalten. „Töte den Kopf und der Körper wird sterben.“ Eldrick konnte es in Ezatullahs Augen sehen. Der Mann hatte den Verstand verloren. Vielleicht war es die Krankheit oder vielleicht war es etwas anderes, aber es war offenkundig, dass er nicht klar dachte. Es war die ganze Zeit der Plan, die Materialien zu stehlen und den Wagen in der Süd-Bronx zurückzulassen. Es war ein gefährlicher Job, nicht einfach durchzuführen und sie hatten es trotzdem geschafft. Aber wer auch immer die Strippen zog, hatte seinen Plan geändert oder hatte von Anfang an gelogen. Jetzt fuhren sie in einem radioaktiv-verstrahlten Lieferwagen nach Washington.

Um was zu tun?

Ezatullah war ein erfahrener Dschihadist. Er musste wissen, dass das, was er hier andeutete, unmöglich war. Was auch immer er zu tun gedachte, Eldrick wusste, dass sie nicht einmal in die Nähe kommen würden. Er stellte sich den Wagen vor, von Einschusslöchern durchsiebt, dreihundert Meter vom Zaun des Weißen Hauses oder Pentagons oder des Kapitols entfernt.

Das war keine Selbstmordmission. Es war nicht einmal eine Mission. Es war eine politische Botschaft.

„Keine Sorge,“ sagte Ezatullah. „Freu dich. Man hat dich für diese große Ehre auserkoren. Wir werden es schaffen, auch wenn du dir das gerade noch nicht vorstellen kannst. Das Vorgehen wird dir rechtzeitig einleuchten.“ Er drehte sich um und ließ die Seitentür des Lieferwagens aufgleiten.

Eldrick blickte zu Momo. Er hatte das hintere Nummernschild fast angebracht. Momo hatte schon eine Weile nicht mehr gesprochen. Er fühlte sich wahrscheinlich selbst nicht besonders gut.

Eldrick trat einen Schritt zurück. Dann einen weiteren. Ezatullah war mit irgendetwas im Inneren des Wagens beschäftigt. Er hatte ihm den Rücken zugewandt. Das Seltsame des Moments war, dass er sich wahrscheinlich nicht noch einmal anbieten würde. Eldrick stand dort im toten Winkel und niemand schaute zu ihm. Eldrick war in der Schule Mittelstrecke gelaufen. Er war gut darin. Er erinnerte sich an die Menge im Armory in der hundertsechsundachtzigsten Straße in Manhattan, an die Platzierungen auf der große Anzeigetafel, wie das Startsignal ertönte. Er erinnerte sich an das flaue Gefühl im Magen kurz vor dem Rennen und an die unglaubliche Geschwindigkeit auf der neuen Bahn, schlanke schwarze Gazellen, rangelnd, die sich abstießen, die Ellenbogen in der Luft, die sich so schnell bewegten, als wäre es ein Traum.

Seitdem war Eldrick nie wieder so schnell gerannt wie damals. Doch wenn er seine gesamte Energie bündelte, dann würde er vielleicht noch einmal so schnell laufen können. Es erschien sinnlos zu warten oder länger darüber nachzudenken.

Er drehte sich um und rannte los. Eine Sekunde später hörte er Momos Stimme hinter ihm: „EZA!“

Dann folgte etwas auf Farsi. Das verlassene Gebäude befand sich vor ihm. Die Übelkeit kam zurück. Er würgte, Blut floss auf sein T-shirt, aber er lief weiter. Er war bereits außer Atem.

Er hörte etwas zuklappen wie ein Tacker. Es hallte verhalten an den Wänden des Gebäudes wider. Ezatullah schoss, natürlich tat er das. Seine Waffe hatte einen Schalldämpfer.

Ein scharfer Stich fuhr durch Eldricks Rücken. Er fiel auf den Boden und schürfte sich seinen Arm an dem kaputten Asphalt auf. Den Bruchteil einer Sekunde später erschallte ein weiterer Schuss. Eldrick stand auf und rannte weiter. Der Zaun war nah. Er schwenkte um und lief auf das Loch zu.

Ein zweiter Stich durchdrang ihn. Er fiel nach vorne und klammerte sich an den Zaun. Seinen Beinen schien die gesamte Kraft zu entweichen. Er hing dort, an seinen Finger, die sich an die Maschen des Zauns klammerten.

„Beweg dich,“ krächzte er. „Beweg dich.“

Er fiel auf seine Knie, krabbelte auf den zerrissen Zaun zu und zwängte sich durch das Loch. Hohes Gras umgab ihn. Er stand auf wankte ein paar Schritte nach vorne, stolperte über etwas, das er nicht gesehen hatte und rollte eine Aufschüttung herunter. Er unternahm keinen Versuch zum Stehen zu kommen und überließ es dem Schwung, ihn zum Fuße der Aufschüttung zu befördern.

Er kam zum Stehen. Er atmete schwer. Der Schmerz in seinem Rücken war enorm. Sein Gesicht war von Schmutz bedeckt. Es war nass und matschig hier, er befand sich direkt am Ufer. Er konnte sich in das dunkle Wasser rollen, wenn er wollte. Doch stattdessen kroch er tiefer in das Gehölz. Die Sonne war noch nicht aufgegangen. Wenn er hier blieb, sich nicht bewegte und keinen Mucks machte, dann wäre es kaum möglich…

Er berührte mit der Hand seine Brust. Seine Finger tasteten Blut.

*

Ezatullah stand neben dem Loch im Zaun. Die Welt um ihn herum drehte sich. Ihm war schwindlig geworden, als er versucht hatte Eldrick hinterherzulaufen.

Seine Hand umfasste stützend die Maschen des Zauns. Er dachte, er müsse sich übergeben. Es war dunkel dort im Gebüsch. Sie könnten eine Stunde dort nach ihm suchen. Wenn er es in das große verlassene Haus geschafft hatte, würden sie ihn vielleicht nie finden.

Mohammar stand in seiner Nähe. Er hatte sich nach vorn übergebeugt, seine Hände hatte er auf die Knie stützt, er atmete tief ein und aus. Sein Körper zitterte. „Sollen wir hinterher?“ fragte er.

Ezatullah schüttelte den Kopf. „Wir haben keine Zeit. Ich habe ihn zwei Mal angeschossen. Wenn die Strahlung ihn nicht umbringt, dann die Kugeln. Lass ihn hier alleine verrecken. Vielleicht wird Allah mit diesem Feigling Mitleid haben. Ich hoffe es. Wie auch immer wir müssen weiter, auch ohne ihn.“

Er drehte sich um und lief zum Lieferwagen zurück. Es schien, als parkte der Wagen weit weg. Er war müde und abgezehrt aber er setzte weiter einen Fuß vor den anderen. Jeder Schritt brachte ihn näher zum Paradies.

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