Читать книгу «Maria Stuart / Мария Стюарт» онлайн полностью📖 — Фридриха Шиллера — MyBook.

Neunter Auftritt

Elisabeth. Leicester.

Elisabeth.

 
Wer ging da von Euch weg? Ich hörte sprechen.
 

Leicester (sich auf ihre Rede schnell und erschrocken umwendend).

 
Es war Sir Mortimer.
 

Elisabeth.

 
Was ist Euch, Lord?
So ganz betreten?
 

Leicester (faßt sich).

 
– Über deinen Anblick!
Ich habe dich so reizend nie gesehn,
Geblendet steh ich da von deiner Schönheit.
– Ach!
 

Elisabeth.

 
Warum seufzt Ihr?
 

Leicester.

 
Hab ich keinen Grund,
Zu seufzen? Da ich deinen Reiz betrachte,
Erneut sich mir der namenlose Schmerz
Des drohenden Verlustes.
 

Elisabeth.

 
Was verliert Ihr?
 

Leicester.

 
Dein Herz, dein liebenswürdig Selbst verlier ich.
Bald wirst du in den jugendlichen Armen
Des feurigen Gemahls dich glücklich fühlen,
Und ungeteilt wird er dein Herz besitzen.
Er ist von königlichem Blut, das bin
Ich nicht, doch Trotz sei aller Welt geboten,
Ob einer lebt auf diesem Erdenrund,
Der mehr Anbetung für dich fühlt als ich.
Der Duc von Anjou hat dich nie gesehn,
Nur deinen Ruhm und Schimmer kann er lieben.
Ich liebe dich. Wärst du die ärmste Hirtin,
Ich als der größte Fürst der Welt geboren,
Zu deinem Stand würd’ ich heruntersteigen,
Mein Diadem zu deinen Füßen legen.
 

Elisabeth.

 
Beklag mich, Dudley, schilt mich nicht – Ich darf ja
Mein Herz nicht fragen. Ach! das hätte anders
Gewählt. Und wie beneid ich andre Weiber,
Die das erhöhen dürfen, was sie lieben.
So glücklich bin ich nicht, daß ich dem Manne,
Der mir vor allen teuer ist, die Krone
Aufsetzen kann! – Der Stuart ward’s vergönnt,
Die Hand nach ihrer Neigung zu verschenken;
Die hat sich jegliches erlaubt, sie hat
Den vollen Kelch der Freuden ausgetrunken.
 

Leicester.

 
Jetzt trinkt sie auch den bittern Kelch des Leidens.
 

Elisabeth.

 
Sie hat der Menschen Urteil nichts geachtet.
Leicht wurd’ es ihr, zu leben, nimmer lud sie
Das Joch sich auf, dem ich mich unterwarf.
Hätt’ ich doch auch Ansprüche machen können,
Des Lebens mich, der Erde Lust zu freun,
Doch zog ich strenge Königspflichten vor.
Und doch gewann sie aller Männer Gunst,
Weil sie sich nur befliß, ein Weib zu sein,
Und um sie buhlt die Jugend und das Alter.
So sind die Männer. Lüstlinge sind sie alle!
Dem Leichtsinn eilen sie, der Freude zu
Und schätzen nichts, was sie verehren müssen.
Verjüngte sich nicht dieser Talbot selbst,
Als er auf ihren Reiz zu reden kam!
 

Leicester.

 
Vergib es ihm. Er war ihr Wächter einst,
Die List’ge hat mit Schmeicheln ihn betört.
 

Elisabeth.

 
Und ist’s denn wirklich wahr, daß sie so schön ist?
So oft mußt’ ich die Larve rühmen hören,
Wohl möcht’ ich wissen, was zu glauben ist.
Gemälde schmeicheln, Schilderungen lügen,
Nur meinen eignen Augen würd’ ich traun.
– Was schaut ihr mich so seltsam an?
 

Leicester.

 
Ich stellte
Dich in Gedanken neben die Maria.
– Die Freude wünscht’ ich mir, ich berg es nicht,
Wenn es ganz in geheim geschehen könnte,
Der Stuart gegenüber dich zu sehn!
Dann solltest du erst deines ganzen Siegs
Genießen! Die Beschämung gönnt’ ich ihr,
Daß sie mit eignen Augen – denn der Neid
Hat scharfe Augen – überzeugt sich sähe,
Wie sehr sie auch an Adel der Gestalt
Vor dir besiegt wird, der sie so unendlich
In jeder andern würd’gen Tugend weicht.
 

Elisabeth.

 
Sie ist die Jüngere an Jahren.
 

Leicester.

 
Jünger!
Man sieht’s ihr nicht an. Freilich ihre Leiden!
Sie mag wohl vor der Zeit gealtert haben.
Ja, und was ihre Kränkung bittrer macht,
Das wäre, dich als Braut zu sehn! Sie hat
Des Lebens schöne Hoffnung hinter sich —
Dich sähe sie dem Glück engegenschreiten
Und als die Braut des Königssohns von Frankreich,
Da sie sich stets so viel gewußt, so stolz
Getan mit der französischen Vermählung,
Noch jetzt auf Frankreichs mächt’ge Hilfe pocht!
 

Elisabeth (nachlässig hinwerfend).

 
Man peinigt mich ja, sie zu sehn.
 

Leicester (lebhaft).

 
Sie fordert’s
Als eine Gunst, gewähr es ihr als Strafe!
Du kannst sie auf das Blutgerüste führen,
Es wird sie minder peinigen, als sich
Von deinen Reizen ausgelöscht zu sehn.
Dadurch ermordest du sie, wie sie dich
Ermorden wollte – Wenn sie deine Schönheit
Erblickt, durch Ehrbarkeit bewacht, in Glorie
Gestellt, durch einen unbefleckten Tugendruf,
Den sie, leichtsinnig buhlend, von sich warf,
Erhoben durch der Krone Glanz und jetzt
Durch zarte Bräutlichkeit geschmückt – dann hat
Die Stunde der Vernichtung ihr geschlagen.
Ja – wenn ich jetzt die Augen auf dich werfe —
Nie warst du, nie zu einem Sieg der Schönheit
Gerüsteter als eben jetzt – Mich selbst
Hast du umstrahlt wie eine Lichterscheinung,
Als du vorhin ins Zimmer tratest – Wie?
Wenn du gleich jetzt, jetzt wie du bist, hinträtest
Vor sie, du findest keine schönre Stunde —
 

Elisabeth.

 
Jetzt – Nein – Nein – Jetzt nicht, Leicester —
Nein, das muß ich
Erst wohl bedenken – mich mit Burleigh —
 

Leicester (lebhaft einfallend).

 
Burleigh!
Der denkt allein auf deinen Staatsvorteil;
Auch deine Weiblichkeit hat ihre Rechte,
Der zarte Punkt gehört vor dein Gericht,
Nicht vor des Staatsmanns – ja auch Staatskunst will es,
Daß du sie siehst, die öffentliche Meinung
Durch eine Tat der Großmut dir gewinnest!
Magst du nachher dich der verhaßten Feindin,
Auf welche Weise dir’s gefällt, entladen.
 

Elisabeth.

 
Nicht wohlanständig wär’ mir’s, die Verwandte
Im Mangel und in Schmach zu sehn. Man sagt,
Daß sie nicht königlich umgeben sei —
Vorwerfend wär’ mir ihres Mangels Anblick.
 

Leicester.

 
Nicht ihrer Schwelle brauchst du dich zu nahn.
Hör meinen Rat. Der Zufall hat es eben
Nach Wunsch gefügt. Heut ist das große Jagen,
An Fotheringhay führt der Weg vorbei,
Dort kann die Stuart sich im Park ergehn,
Du kommst ganz wie von ohngefähr dahin,
Es darf nichts als vorherbedacht erscheinen,
Und wenn es dir zuwider, redest du
Sie gar nicht an —
 

Elisabeth.

 
Begeh ich eine Torheit,
So ist es Eure, Leicester, nicht die meine.
Ich will Euch heute keinen Wunsch versagen,
Weil ich von meinen Untertanen allen
Euch heut am wehesten getan.
 

(Ihn zärtlich ansehend.)

 
Sei’s eine Grille nur von Euch. Dadurch
Gibt Neigung sich ja kund, daß sie bewilligt
Aus freier Gunst, was sie auch nicht gebilligt.
 

(Leicester stürzt zu ihren Füßen, der Vorhang fällt.)

Dritter Aufzug

Gegend in einem Park. Vorn mit Bäumen besetzt, hinten eine weite Aussicht.

Erster Auftritt

Maria tritt in schnellem Lauf hinter Bäumen hervor. Hanna Kennedy folgt langsam.

Kennedy.

 
Ihr eilet ja, als wenn Ihr Flügel hättet,
So kann ich Euch nicht folgen, wartet doch!
 

Maria.

 
Laß mich der neuen Freiheit genießen,
Laß mich ein Kind sein, sei es mit!
Und auf dem grünen Teppich der Wiesen
Prüfen den leichten, geflügelten Schritt.
Bin ich dem finstern Gefängnis entstiegen,
Hält sie mich nicht mehr, die traurige Gruft?
Laß mich in vollen, in durstigen Zügen
Trinken die freie, die himmlische Luft.
 

Kennedy.

 
O meine teure Lady! Euer Kerker
Ist nur um ein klein weniges erweitert.
Ihr sehr nur nicht die Mauer, die uns einschließt,
Weil sie der Bäume dicht Gesträuch versteckt.
 

Maria.

 
O Dank, Dank diesen freundlich grünen Bäumen,
Die meines Kerkers Mauern mir verstecken!
Ich will mich frei und glücklich träumen,
Warum aus meinem süßen Wahn mich wecken?
Umfängt mich nicht der weite Himmelsschoß?
Die Blicke, frei und fessellos,
Ergehen sich in ungemeßnen Räumen.
Dort, wo die grauen Nebelberge ragen,
Fängt meines Reiches Grenze an,
Und diese Wolken, die nach Mittag jagen,
Sie suchen Frankreichs fernen Ozean.
Eilende Wolken! Segler der Lüfte!
Wer mit euch wanderte, mit euch schiffte!
Grüßet mir freundlich mein Jugenland!
Ich bin gefangen, ich bin in Banden,
Ach, ich hab keinen andern Gesandten!
Frei in Lüften ist euren Bahn,
Ihr seid nicht dieser Königin untertan.
 

Kennedy.

 
Ach, teure Lady! Ihr seid außer Euch,
Die langentbehrte Freiheit macht Euch schwärmen.
 

Maria.

 
Dort legt ein Fischer den Nachen an!
Diesen elende Werkzeug könnte mich retten,
Brächte mich schnell zu befreundeten Städten.
Spärlich nährt es den dürftigen Mann.
Beladen wollt’ ich ihn reich mit Schätzen,
Einen Zug sollt’ er tun, wie er keinen getan,
Das Glück sollt’ er finden in seinen Netzen,
Nähm er mich ein in den rettenden Kahn.
 

Kennedy.

 
Verlorne Wünsche! Seht Ihr nicht, daß uns
Von ferne dort die Spähertritte folgen?
Ein finster grausames Verbot scheucht jedes
Mitleidige Geschöpf aus unserm Wege.
 

Maria.

 
Nein, gute Hanna. Glaub mir, nicht umsonst
Ist meines Kerkers Tor geöffnet worden.
Die kleine Gunst ist mir des größern Glücks
Verkünderin. Ich irre nicht. Es ist
Der Liebe tät’ge Hand, der ich sie danke.
Lord Leicesters mächt’gen Arm erkenn ich drin.
Allmählich will man mein Gefängnis weiten,
Durch Kleineres zum Größern mich gewöhnen,
Bis ich das Antlitz dessen endlich schaue,
Der mir die Bande löst auf immerdar.
 

Kennedy.

 
Ach, ich kann diesen Widerspruch nicht reimen!
Noch gestern kündigt man den Tod Euch an,
Und heute wird Euch plötzlich solche Freiheit.
Auch denen, hört’ ich sagen, wird die Kette
Gelöst, auf die die ew’ge Freiheit wartet.
 

Maria.

 
Hörst du das Hifthorn? Hörst du’s klingen,
Mächtigen Rufes, durch Feld und Hain?
Ach, auf das mutige Roß mich zu schwingen,
An den fröhlichen Zug mich zu reihn!
Noch mehr! O die bekannte Stimme,
Schmerzlich süßer Erinnerung voll.
Oft vernahm sie mein Ohr mit Freuden,
Auf den Hochlands bergichten Heiden,
Wenn die tobende Jagd erscholl.
 

Zweiter Auftritt

Paulet. Die Vorigen.

Paulet.

 
Nun! Hab ich’s endlich recht gemacht, Mylady?
Verdien ich einmal Euern Dank?
 

Maria.

 
Wie, Ritter?
Seid Ihr’s, der diese Gunst mir ausgewirkt?
Ihr seid’s?
 

Paulet.

 
Warum soll ich’s nicht sein? Ich war
Am Hof, ich überbrachte Euer Schreiben —
 

Maria.

 
Ihr übergabt es? Wirklich, tatet Ihr’s?
Und diese Freiheit, die ich jetzt genieße,
Ist eine Frucht des Briefes —
 

Paulet (mit Bedeutung).

 
Und nicht die einz’ge!
Macht Euch auf eine größre noch gefaßt.
 

Maria.

 
Auf eine größre, Sir? Was meint Ihr damit?
 

Paulet.

 
Ihr hörtet doch die Hörner —
 

Maria (zurückfahrend, mit Ahnung).

 
Ihr erschreckt mich!
 

Paulet.

 
Die Königin jagt in dieser Gegend.
 

Maria.

 
Was?
 

Paulet.

 
In wenig Augenblicken steht sie vor Euch.
 

Kennedy (auf Maria zueilend, welche zittert und hinzusinken droht).

 
Wie wird Euch, teure Lady! Ihr verblaßt.
 

Paulet.

 
Nun? Ist’s nun nicht recht? War’s nicht Eure Bitte?
Sie wird Euch früher gewährt, als Ihr gedacht.
Ihr wart sonst immer so geschwinder Zunge,
Jetzt bringet Eure Worte an, jetzt ist
 

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