Читать бесплатно книгу «Verschwunden» Блейка Пирс полностью онлайн — MyBook
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Er zog den Körper zum Baum und versuchte ihn in der Pose zu drapieren, die er sich vorgestellt hatte. Es funktionierte nicht gut. Der Kopf der Frau war nach links gefallen, steif gefroren durch die Leichenstarre. Er riss und zog daran. Selbst nachdem er ihr Genick gebrochen hatte konnte er ihn nicht gerade nach vorne richten.

Und wie sollte er die Beine richtig spreizen? Eins der Beine war hoffnungslos angewinkelt. Er hatte keine andere Wahl als das Brecheisen aus dem Wagen zu holen und ihren Oberschenkel und ihre Kniescheibe zu zertrümmern. Dann drehte er das Bein so gut wie möglich, aber konnte es nicht zu seiner Zufriedenheit ausrichten.

Schließlich ließ er die pinke Schleife um ihren Hals zurück, die Perücke auf ihrem Kopf und die Rose im Schnee. Dann war er wieder ins Auto gestiegen und davongefahren. Er war enttäuscht und entmutigt gewesen. Und er hatte Angst gehsbt. Hatte er in seiner Unbeholfenheit einen verhängnisvollen Hinweis hinterlassen? Er wiederholte jede Handlung immer wieder in seinem Kopf, aber er konnte sich nicht sicher sein.

Er wusste, er musste es beim nächsten Mal besser machen. Er versprach sich selbst, dass er es besser machen würde.

Riley öffnete die Augen. Sie ließ die Präsenz des Killers verblassen. Sie war mit sich selbst zufrieden. Sie hatte sich nicht überwältigen lassen. Und sie hatte wertvolle Einblicke bekommen. Sie hatte ein Gefühl dafür bekommen wie der Mörder sein Handwerk lernte.

Sie wünschte nur, dass sie etwas – egal was – über seinen ersten Mord wüsste. Sie war sich sicherer als je zuvor, dass er schon vorher getötet hatte. Das hier war die Arbeit eines Lehrlings gewesen, nicht die eines Anfängers.

Gerade als Riley sich umdrehte, um zu ihrem Auto zurückzugehen, fiel ihr Blick auf etwas im Baum. Ein kleiner gelber Fleck war sichtbar, wo sich der Baum über ihrem Kopf teilte.

Sie ging an den Baum heran und sah nach oben.

“Er ist nochmal hier gewesen!” keuchte Riley laut. Schauer liefen ihr über den Rücken und sie sah sich nervös um. Niemand schien in der Nähe zu sein.

In die Äste des Baums gesetzt, starrte eine nackte, weibliche Puppe mit blonden Haaren auf Riley herunter, in der gleichen Weise positioniert, in der der Mörder sein Opfer hatte drapieren wollen.

Sie konnte noch nicht lange hier sein – höchstens drei oder vier Tage. Sie war noch nicht durch Wind bewegt oder Regen beschädigt worden. Der Mörder war hergekommen, als er sich selbst auf den Mord an Reba Frye vorbereitet hatte. So wie Riley es getan hatte, war er hergekommen um seine Arbeit zu reflektieren, seine Fehler kritisch zu betrachten.

Sie machte Fotos mit ihrem Handy und schickte sie sofort an das Büro.

Riley wusste, warum er die Puppe hier zurückgelassen hatte.

Eine Entschuldigung für vergangene Schlampigkeit, dachte sie.

Es war außerdem ein Versprechen für bessere Arbeit in der Zukunft.

Kapitel 9

Riley fuhr in die Richtung von Senator Mitch Newbroughs Herrenhaus und ihr Herz füllte sich mit Grauen, als es in Sichtweite kam. Am Ende einer langen, mit Bäumen gesäumten Auffahrt, stand es riesig, formell und einschüchternd. Sie hatte es schon immer schwerer gefunden mit den Reichen und Mächtigen umzugehen, als mit Leuten weiter unten auf der sozialen Leiter.

Sie parkte in dem gepflegten Zirkel vor dem Haus. In der Tat das Haus einer sehr reichen Familie.

Sie stieg aus und ging zu den gewaltigen Eingangstüren. Nachdem sie geklingelt hatte, wurde sie an der Tür von einem proper aussehenden Mann um die Dreißig begrüßt.

“Ich bin Robert,” sagte er. “Der Sohn des Senators. Und Sie müssen Spezialagentin Paige sein. Kommen Sie rein. Meine Mutter und mein Vater erwarten Sie.”

Robert Newbrough führte Riley ins Haus, das sie sofort wieder daran erinnerte, dass sie diese Art von pompösen Häusern nicht leiden konnte. Das Newbrough Haus war besonders groß und der Weg bis zu dem Raum, in dem der Senator und seine Frau warteten, war unangenehm lang. Riley war sich sicher, dass es eine Art Einschüchterungstaktik war seine Gäste so lange gehen zu lassen; ein Weg um mitzuteilen, dass die Bewohner dieses Hauses zu mächtig waren um sich mit ihnen anzulegen. Riley fand die Dekoration und die Möbel aus der Kolonialzeit außerdem alles andere als schön.

Mehr als alles andere graute ihr vor dem, was in dem Raum auf sie wartete. Für sie war das Reden mit den Familien von Opfern einfach nur schrecklich – viel schlimmer als mit den Tatorten oder sogar den Opfern umzugehen. Es war zu einfach sich in die Trauer, die Wut und die Verwirrung der Leute einwickeln zu lassen. Diese intensiven Emotionen störten ihre Konzentration und lenkten sie von ihrer Arbeit ab.

Während sie durch das Haus gingen, sagte Robert Newbrough, “Vater ist zu Hause, seit …”

Er brach in der Mitte des Satzes ab und Riley konnte das Ausmaß seines Verlustes spüren.

“Seit wir von Reba gehört haben,” fuhr er fort. “Es ist schrecklich. Mutter ist besonders erschüttert. Versuchen Sie sie nicht zu sehr aufzuregen.”

“Mein Beileid für ihren Verlust,” sagte Riley.

Robert ignorierte sie und führte Riley in ein geräumiges Wohnzimmer. Senator Mitch Newbrough und seine Frau saßen zusammen auf einer riesigen Couch und hielten sich an den Händen.

“Agentin Paige,” stellte Robert sie vor. “Agentin Paige, lassen Sie mich meine Eltern vorstellen, den Senator und seine Frau, Annabeth.”

Robert bot Riley einen Platz an und setzte sich dann selbst.

“Zuerst,” sagte Riley ruhig, “möchte ich Ihnen mein herzliches Beileid aussprechen.”

Annabeth Newbrough nahm dies mit einem stillen Nicken zur Kenntnis. Der Senator starrte einfach weiter geradeaus.

In dem kurzen Schweigen, das folgte, versuchte Riley ihre Gesichter einzuschätzen. Sie hatte Newbrough oft im Fernsehen gesehen, immer mit seinem Politikerlächeln. Jetzt lächelte er nicht. Riley hatte noch nicht viel von Frau Newbrough gesehen, die die typische Fügsamkeit einer Politikerfrau zu besitzen schien.

Beide waren Anfang sechzig. Riley bemerkte, dass sie beide große Anstrengungen unternommen hatten um jünger auszusehen – Haarimplantate, gefärbtes Haar, Lifting im Gesicht, Make-up. Rileys Meinung nach hatten ihre Bemühungen nur dafür gesorgt, dass sie leicht künstlich aussahen.

Wie Puppen, dachte Riley.

“Ich muss Ihnen einige Fragen über ihre Tochter stellen,” sagte Riley und nahm ihr Notizbuch aus der Tasche. “Standen Sie in letzter Zeit in engem Kontakt zu Reba?”

“Oh ja,” sagte Frau Newbrough. “Wir stehen uns sehr nahe.”

Riley bemerkte eine leichte Steifigkeit in der Stimme der Frau. Es klang wie etwas, das sie schon zu oft gesagt hatte, ein wenig zu routiniert. Riley war sich ziemlich sicher, dass das Familienleben in Newbrough alles andere als ideal gewesen war.

“Hat Reba etwas davon gesagt, dass sie sich bedroht fühlte?” fragte Riley.

“Nein,” sagte Frau Newbrough. “Nicht ein Wort.”

Riley beobachtete den Senator, der noch nichts gesagt hatte. Sie fragte sich, warum er so ruhig war. Sie musste ihn aus seinem Schweigen locken, aber wie?

Jetzt meldete sich Robert.

“Sie hat kürzlich eine hässliche Scheidung durchlebt. Paul und sie haben sich um das Sorgerecht ihrer beiden Kinder gestritten.”

“Oh, ich konnte ihn nie leiden,” sagte Frau Newbrough. “Er war so launisch. Denken Sie, dass er möglicherweise…?”

Riley schüttelte den Kopf.

“Ihr Exmann ist kein wahrscheinlicher Verdächtiger,” sagte sie.

“Warum um Himmels willen nicht?” fragte Frau Newbrough.

Riley wog in ihrem Kopf ab was sie ihnen sagen sollte und was nicht.

“Sie haben vielleicht gelesen, dass der Mörder schon einmal zugeschlagen hat,” sagte sie. “Es gab ein ähnliches Opfer in der Nähe von Daggett.”

Frau Newbrough regte sich sichtlich auf.

“Was soll uns das bitteschön sagen?”

“Wir haben es mit einem Serienmörder zu tun,” sagte Riley. “Das hatte nichts mit einer ehelichen Streitigkeit zu tun. Ihre Tochter hat den Mörder vielleicht nicht einmal gekannt. Aller Wahrscheinlichkeit nach war es nichts Persönliches.”

Frau Newbrough fing an zu weinen und Riley bereute ihre Wortwahl sofort.

“Nicht persönlich?” Frau Newbrough schrie fast. “Wie kann es etwas anderes als persönlich sein?”

Senator Newbrough sprach zu seinem Sohn.

“Robert, bitte bringe deine Mutter in ihr Schlafzimmer und versuche sie zu beruhigen. Ich muss alleine mit Agentin Paige reden.”

Robert Newbrough führte seine Mutter gehorsam aus dem Raum. Senator Newbrough sagte erst einmal nichts. Er sah Riley direkt in die Augen. Sie war sich sicher, dass er es gewohnt war Menschen mit seinem Blick einzuschüchtern. Aber es würde bei ihr nicht funktionieren. Sie starrte einfach zurück.

Schließlich griff der Senator in sein Jackett und zog einen Umschlag heraus. Er kam zu ihrem Stuhl und reichte ihn ihr.

“Hier,” sagte er. Dann ging er zurück zur Couch und setzte sich wieder hin.

“Was ist das?” fragte Riley.

Der Senator richtete seinen Blick wieder auf sie.

“Alles was Sie wissen müssen,” sagte er.

Riley war vollkommen perplex.

“Kann ich ihn öffnen?” fragte sie.

“Machen Sie nur.”

Riley öffnete den Umschlag. Es enthielt ein einzelnes Blatt Papier mit zwei Reihen von Namen darauf. Sie erkannte einige davon. Drei oder vier waren bekannte Reporter von lokalen Fernsehstationen. Andere waren prominente Politiker aus Virginia. Riley war noch verwirrter als zuvor.

“Wer sind diese Leute?” fragte sie.

“Meine Feinde,” sagte Senator Newbrough mit ruhiger Stimme. “Wahrscheinlich keine vollständige Liste. Aber das sind die, auf die es ankommt. Jemand auf dieser Liste ist schuldig.”

Riley sah ihn verblüfft an. Sie saß auf ihrem Stuhl und sagte nichts.

“Ich sage nicht, dass jemand auf dieser Liste meine Tochter von Angesicht zu Angesicht getötet hat,” sagte er. “Aber einer von ihnen hat ganz sicher jemanden dafür bezahlt.”

Riley sprach langsam und vorsichtig.

“Senator, mit allem nötigen Respekt, ich glaube ich habe bereits gesagt, dass der Mord an Ihrer Tochter vermutlich nicht persönlich war. Es gab bereits einen anderen Mord, der fast identisch mit ihrem ist.”

“Wollen Sie sagen, dass meine Tochter rein zufällig ausgewählt wurde?” fragte der Senator.

Ja, wahrscheinlich, dachte Riley.

Aber sie wusste es besser, als das laut zu sagen.

Bevor sie antworten konnte, fügte er hinzu, “Agentin Paige, Ich habe durch harte Erfahrungen gelernt, dass es keine Zufälle gibt. Ich weiß nicht warum oder wie, aber der Tod meiner Tochter war politisch. Und in der Politik ist alles persönlich. Also versuchen Sie nicht mir zu sagen es wäre nicht persönlich. Es ist ihr Job, und das des Büros, herauszufinden, wer dafür verantwortlich ist und ihn zur Rechenschaft zu ziehen.”

Riley atmete tief durch. Sie betrachtete aufmerksam das Gesicht des Mannes. Sie konnte es jetzt sehen. Senator Newbrough war Narzisst, durch und durch.

Nicht, dass mich das überrascht, dachte sie.

Riley verstand noch etwas anderes. Der Senator fand es unvorstellbar, dass etwas in seinem Leben sich nicht speziell um ihn drehte, und ihn alleine. Sogar der Mord an seiner Tochter drehte sich um ihn. Reba war einfach zwischen ihm und wer auch immer ihn hasste, gefangen worden. Er glaubte das vermutlich wirklich.

“Sir,” begann Riley, “mit allem Respekt, ich denke nicht—”

“Ich möchte nicht, dass Sie denken,” sagte Newbrough. “Sie haben alle Informationen, die sie brauchen, direkt vor sich.”

Sie starrten sich für einige Sekunden an.

“Agentin Paige,” sagte der Senator schließlich, “ich bekomme das Gefühl, dass wir nicht auf der gleichen Wellenlänge sind. Das ist schade. Sie wissen es vielleicht nicht, aber ich habe gute Freunde in den oberen Rängen des FBI. Einige von ihnen schulden mir einen Gefallen. Ich werde mich gleich mit ihnen in Verbindung setzen. Ich brauche jemanden an dem Fall, der seinen Job macht.”

Riley war so geschockt, dass sie nicht wusste, was sie sagen sollte. War der Mann wirklich so wirklichkeitsfremd?

Der Senator stand auf.

“Ich schicke jemanden, der Ihnen den Weg nach draußen zeigt, Agentin Paige,” sagte er. “Es tut mir leid, dass wir nicht einer Meinung sind.”

Senator Newbrough ging aus dem Raum und ließ Riley alleine dort sitzen. Ihr stand der Mund offen. Der Mann war ohne Zweifel ein Narzisst. Aber sie wusste, dass noch mehr dahinter steckte.

Der Senator versteckte etwas.

Und sie würde herausfinden, was das war.

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