Als der FBI Jet auf der Landebahn des Syracuse Hancock International Airport aufsetzte, erinnerte sie sich an etwas, das ihr Vater ihr im Traum gesagt hatte.
"Du nutzt keinem was, es sei denn, sie sind tot."
Riley sah die Ironie. Das hier war vermutlich der erste Fall, bei dem noch niemand ermordet worden war, bevor sie ihn bekam.
Aber das wird sich wahrscheinlich bald ändern, dachte sie.
Sie war insbesondere um Kelsey Sprigge besorgt. Sie wollte die Frau persönlich treffen und sich davon überzeugen, dass es ihr gut ging. Dann läge es an Riley und Bill dafür zu sorgen, dass es auch so blieb und Shane Hatcher wieder hinter Gittern landete.
Während das Flugzeug auf das Gate zurollte, sah Riley, dass sie in einer wahren Winterwelt angekommen waren. Auch wenn die Landebahn frei war, zeigten die riesigen Schneeberge daneben, wie viel Aufwand das gekostet hatte.
Es war eine Abwechslung von der Szenerie in Virginia – und eine willkommene. Riley wurde klar, wie sehr sie eine neue Herausforderung brauchte. Sie hatte Gabriela von Quantico aus angerufen und erklärt, dass sie auf dem Weg war, einen Fall zu lösen. Gabriela hatte sich für sie gefreut und ihr versichert, dass sie sich um April kümmern würde.
Als das Flugzeug seine Endposition erreicht hatte, schnappten Riley und Bill sich ihr Gepäck und kletterten die Stufen hinunter auf die vereiste Rollbahn. Riley fühlte den eisigen Wind auf ihrem Gesicht und war froh, dass sie in Quantico mit einer dicken Kapuzenjacke ausgestattet worden war.
Zwei Männer eilten auf sie zu und stellten sich als Agenten McGill und Newton vom FBI Büro in Syracuse vor.
"Wir sind hier, um zu helfen, wo wir können", sagte McGill zu Bill und Riley, während sie das Terminal betraten.
Riley stellte die erste Frage, die ihr in den Sinn kam.
"Beobachten Ihre Leute Kelsey Sprigge? Ist sie sicher?"
"Eine Polizeieskorte ist vor ihrem Haus in Searcy positioniert", sagte Newton. "Wir sind sicher, dass es ihr gut geht."
Riley wünschte sich, sie könnte diese Zuversicht teilen.
Bill sagte, "Okay. Dann brauchen wir jetzt nur etwas, das uns nach Searcy bringt."
McGill sagte, "Searcy ist nicht weit von Syracuse, und die Straßen sind frei. Wir haben einen SUV mitgebracht, den Sie nutzen können, aber … ähm, sind Sie es gewohnt in nördlichem Winterwetter zu fahren?"
"Wissen Sie, Syracuse gewinnt immer die Goldene Schneeball Auszeichnung", fügte Newton mit verschmitztem Stolz hinzu.
"Goldener Schneeball?" fragte Riley.
"Das ist der New York State Preis für den meisten Schnee", erklärte McGill. "Wir sind die Gewinner. Haben sogar eine Trophäe, um es zu beweisen."
"Vielleicht sollte einer von uns fahren", schlug Newton unsicher vor.
Bill lachte leise. "Danke, aber ich denke, dass bekommen wir hin. Vor ein paar Jahren war ich in North Dakota für den Winter. Da habe ich eine gute Dosis Fahren im Winter bekommen."
Auch wenn sie es nicht sagte, fühlte Riley sich ebenso qualifiziert in dieser Art des Fahrens. Sie hatte in den Bergen von Virginia gelernt zu fahren. Der Schnee war nie so hoch wie hier, aber die Landstraßen wurden nie sehr schnell freigeräumt. Sie hatte vermutlich genauso viel Zeit auf vereisten Straßen verbracht, wie die Leute hier.
Aber sie überließ Bill nur zu gerne das Fahren. Ihre Gedanken drehten sich gerade nur um die Sicherheit von Kelsey Sprigge. Bill nahm die Schlüssel und sie machten sich auf den Weg.
"Ich muss schon sagen, es fühlt sich gut an, wieder zusammen zu arbeiten", sagte Bill während er fuhr. "Es ist selbstsüchtig, nehme ich an. Ich mag es, mit Lucy zu arbeiten, aber es ist nicht dasselbe."
Riley lächelte. Sie fühlte sich ebenfalls gut dabei, wieder mit Bill zu arbeiten.
"Trotzdem wünscht sich ein Teil von mir, du würdest nicht zu diesem Fall zurückkommen", fügte er hinzu.
"Warum nicht?" fragte Riley überrascht.
Bill schüttelte den Kopf.
"Ich habe ein ungutes Gefühl dabei", sagte er. "Denk daran, ich habe Hatcher auch getroffen. Es braucht einiges, um mir Angst zu machen, aber … nun ja, er ist eine Klasse für sich."
Riley antwortete nicht, aber sie musste ihm insgeheim zustimmen. Sie wusste, dass Hatcher Bill bei ihrem Besuch manipuliert hatte. Mit untrüglichen Instinkten hatte der Gefangene scharfsinnige Bemerkungen über Bills Privatleben gemacht.
Riley erinnerte sich, wie Hatcher auf Bills Ehering gezeigt und gesagt hatte:
"Vergessen Sie Ihre Versuche, das mit Ihrer Frau wieder geradezubiegen. Das wird nicht passieren."
Hatcher hatte Recht gehabt und jetzt steckte Bill inmitten eines hässlichen Scheidungskampfes.
Am Ende des gleichen Besuchs hatte er etwas zu Riley gesagt, das sie immer noch verfolgte.
"Hören Sie auf, sich dagegen zu wehren."
Bis zu diesem Tag war sie sich nicht sicher, was Hatcher damit gemeint hatte. Aber sie spürte ein unerklärliches Grauen, dass sie es eines Tages herausfinden würde.
*
Kurze Zeit später parkte Bill neben den großen aufgeschütteten Schneehaufen vor Kelsey Sprigges Haus in Searcy. Riley sah einen Streifenwagen mit zwei uniformierten Polizisten in der Nähe. Aber zwei Polizisten in einem Wagen reichten nicht aus, um sie zu beruhigen. Der brutale und brillante Kriminelle, der aus Sing Sing ausgebrochen war, könnte kurzen Prozess mit ihnen machen, sollte ihm der Sinn danach stehen.
Bill und Riley stiegen aus dem Wagen und hielten ihre Marken in Richtung des Polizeiwagens. Dann gingen sie den geräumten Bürgersteig entlang zum Haus. Es war ein traditionelles zweistöckiges Gebäude mit einem hohen Dach und einer Veranda, die mit Weihnachtslichtern geschmückt war. Riley klingelte.
Eine Frau öffnete ihnen mit einem freundlichen Lächeln die Tür. Sie war schlank und fit und trug einen Jogging Anzug. Ihr Gesichtsausdruck war heiter und fröhlich.
"Sie müssen die Agenten Jeffreys und Paige sein", sagte sie. "Ich bin Kelsey Sprigge. Kommen Sie rein, dort draußen ist es furchtbar kalt."
Kelsey Sprigge führte Riley und Bill in ein gemütliches Wohnzimmer mit einem knisternden Feuer im Kamin.
"Möchten Sie etwas trinken?" fragte sie. "Natürlich sind Sie im Dienst. Ich hole Ihnen einen Kaffee."
Sie ging in die Küche, während Bill und Riley sich setzten. Riley besah sich die Weihnachtsdekoration und die vielen Fotos, die an den Wänden hingen und auf Kommoden standen. Sie zeigten Kelsey Sprigge in allen Stadien ihres Lebens, von Kindern und Enkeln umgeben. In vielen der Bilder stand ein lächelnder Mann an ihrer Seite.
Riley erinnerte sich, dass Flores gesagt hatte, sie sei Witwe. Den Fotos nach zu urteilen, war es eine lange und glückliche Ehe gewesen. Kelsey Sprigge schien etwas geschafft zu haben, das Riley nicht fertigbrachte. Sie hatte ein erfülltes, liebevolles Familienleben, während sie als FBI Agent arbeitete.
Riley brannte es unter den Nägeln zu fragen, wie sie das geschafft hatte. Aber natürlich war das jetzt nicht der richtige Zeitpunkt.
Die Frau kam zurück und trug ein Tablett mit zwei Bechern Kaffee, Milch und Zucker, und – zu Rileys Überraschung – ein Scotch on the Rocks für sich selbst.
Riley mochte Kelsey auf Anhieb. Für eine Frau von siebzig Jahren, war sie noch erstaunlich lebhaft und energetisch, und zäher als die meisten Frauen, die sie getroffen hatte. Auf eine seltsame Weise hatte Riley das Gefühl, sich selbst in einer Art Vorschau zu sehen.
"Nun dann", sagte Kelsey und lächelte. "Ich wünschte unser Wetter wäre angenehmer."
Riley war von der ungezwungenen Gastfreundschaft überrascht. Unter den Umständen hatte sie eine zutiefst beunruhigte oder sogar verängstigte Frau erwartet.
"Ms. Sprigge–", fing Bill an.
"Kelsey, bitte", unterbrach die Frau. "Und ich weiß warum Sie hier sind. Sie denken, dass Shane Hatcher mich vielleicht zu seinem ersten Ziel machen könnte. Sie denken, er wird versuchen mich zu ermorden."
Riley und Bill sahen sich unsicher an.
"Und natürlich ist deshalb auch die Polizei draußen", sagte Kelsey, die immer noch freundlich lächelte. "Ich habe sie gefragt, ob sie hereinkommen und sich aufwärmen wollen, aber davon wollten sie nichts wissen. Sie wollten mir nicht einmal mein Jogging am Nachmittag erlauben! Sehr schade, ich liebe es einfach bei diesem klaren, kalten Wetter zu Laufen. Nun, ich mache mir keine Sorgen, dass ich ermordet werden könnte, und ich denke, das sollten sie auch nicht. Ich denke wirklich nicht, dass Shane Hatcher so etwas vorhat."
Riley platzte fast heraus, "Warum nicht?"
Stattdessen sagte sie vorsichtig, "Kelsey, Sie haben ihn verhaftet. Sie haben ihn vor Gericht gebracht. Er verbringt sein Leben im Gefängnis, Ihretwegen. Sie könnten der Grund sein, warum er ausgebrochen ist."
Kelsey schwieg einen Moment nachdenklich. Sie blickte auf die Waffe, die Riley im Holster trug.
"Was für eine Waffe tragen sie, meine Liebe?" fragte sie.
"Eine Glock, Kaliber vierzig", sagte Riley.
"Schön!" sagte Kelsey. "Darf ich sie mir angucken?"
Riley reichte Kelsey die Waffe. Kelsey nahm das Magazin heraus und besah sich die Waffe genauer. Sie behandelte sie mit der Anerkennung eines Genießers.
"Glocks kamen für mich ein wenig zu spät, um sie im Einsatz zu nutzen", sagte sie. "Ich mag sie aber. Der Polymer Rahmen fühlt sich gut an – sehr leicht, gut ausbalanciert. Eine sehr beeindruckende Waffe."
Sie lud das Magazin wieder und reichte Riley ihre Waffe zurück. Dann ging sie zu einem Schreibtisch. Sie nahm eine halbautomatische Pistole heraus.
"Ich habe Shane Hatcher mit diesem Baby hier geschnappt", sagte sie lächelnd. Sie reichte Riley die Pistole und setzte sich wieder. "Eine Smith and Wesson Modell 459. Ich habe ihn verwundet und entwaffnet. Mein Partner wollte ihn auf der Stelle töten – Rache für den Polizisten, den er ermordet hat. Aber da habe ich nicht mitgemacht. Ich habe ihm gesagt, sollte er Hatcher töten, dann würde es mehr als eine Leiche zu begraben geben."
Kelsey errötete leicht.
"Meine Güte", sagte sie. "Ich würde es vorziehen, wenn diese Geschichte nicht die Runde macht. Bitte erzählen Sie das keinem."
Riley gab ihr die Waffe zurück.
"Wie auch immer, ich konnte sehen, dass ich Hatchers Zustimmung bekam", sagte Kelsey. "Wissen Sie, er hat einen sehr strikten Kodex, selbst als Gangmitglied. Er wusste, dass ich nur meinen Job mache. Ich denke, das hat er respektiert. Und er war auch dankbar. Jedenfalls hat er nie Interesse an mir gezeigt. Ich habe ihm sogar einige Briefe geschrieben, aber er hat nie geantwortet. Er erinnert sich vermutlich nicht einmal an meinen Namen. Nein, ich bin mir sicher, dass er mich nicht töten will."
Kelsey warf Riley einen interessierten Blick zu.
"Aber Riley – ist es okay, wenn ich Sie Riley nenne? – Sie haben mir am Telefon gesagt, dass sie ihn tatsächlich getroffen und ein wenig kennengelernt haben. Er muss recht faszinierend sein."
Riley dachte, dass sie so etwas wie Neid in der Stimme der Frau entdeckte.
Kelsey erhob sich aus ihrem Stuhl.
"Aber hören Sie sich mein Geplapper an, während sie einen Bösewicht zu fangen haben! Und wer weiß, was er gerade vorhat während wir uns hier unterhalten. Ich habe einige Informationen, die Ihnen womöglich helfen können. Kommen Sie, ich zeige Ihnen, was ich habe."
Sie führte Riley und Bill durch den Flur zu einer Kellertür. Rileys Herzschlag wurde schneller.
Warum muss es in einem Keller sein? dachte sie.
Riley kämpfte nun schon seit geraumer Zeit mit einer irrationalen Angst vor Kellern – ein Überbleibsel ihrer PTBS, ausgelöst durch die Gefangenschaft in Petersons Kriechkeller und noch einmal verstärkt durch einen nicht lange zurückliegenden Fall, der in einem vollkommen verdunkelten Keller geendet hatte.
Aber als sie Kelsey die Stufen nach unten folgten, sah Riley nichts Verdächtiges. Der Keller war so gemütlich wie ein Freizeitraum. In einer Ecke war ein gut beleuchteter Bürobereich mit einem Schreibtisch, auf dem verschiedene Akten lagen, sowie Fotos und Zeitungsausschnitte.
"Hier ist es – alles Wissenswerte über 'Shane the Chain', seine Karriere und sein Ende", sagte Kelsey. "Nur zu. Fragen Sie, wenn Sie eine Erklärung zu etwas benötigen."
Riley und Bill sahen durch die Akten. Riley war überrascht und erfreut. Es war eine faszinierende Sammlung von Informationen und vieles davon war niemals in die FBI Datenbank gescannt worden. Der Ordner, in dem sie gerade las, war vollgestopft mit scheinbar unwichtigen Informationen, wie Restaurantservietten mit handgeschriebenen Notizen und Skizzen zum Fall.
Sie öffnete einen anderen Order, der photokopierte Berichte und andere Dokumente enthielt. Riley bemerkte amüsiert, dass Kelsey sicherlich diese Akten nicht hätte kopieren oder behalten dürfen. Die Originale waren vermutlich schon vor einiger Zeit gescannt und geschreddert worden.
Während Bill und Riley durch die Dokumente sahen, sagte Kelsey, "Ich nehmen an, sie wundern sich, warum ich diesen Fall nicht ruhen lassen kann. Manchmal frage ich mich das selbst."
Sie dachte einen Moment nach.
"Shane Hatcher war meine eine Begegnung mit wahrem Bösen", sagte sie. "Während meiner ersten vierzehn Jahre im Büro, war ich nicht mehr als eine Schaufensterausstellung hier in Syracuse – die Quotenfrau. Aber ich habe von Anfang an an diesem Fall gearbeitet, mit den Gangmitgliedern auf der Straße geredet, das Team geleitet. Niemand dachte, dass ich Hatcher festnehmen könnte. Tatsächlich war sich niemand sicher, dass es überhaupt jemand konnte. Aber ich habe es geschafft."
Jetzt sah Riley durch einen Ordner mit Fotos schlechter Qualität, bei denen sich das Büro vermutlich nicht die Mühe gemacht hatte, sie einzuscannen. Kelsey hatte sie offensichtlich für wichtig genug gehalten, sie nicht wegzuschmeißen.
Eins zeigte einen Polizisten, der in einem Café mit einem Gangmitglied redete. Riley erkannte den jungen Mann sofort als Shane Hatcher. Es dauerte einen Moment, bis sie den Polizisten erkannte.
"Das ist der Polizist, den Hatcher getötet hat, nicht wahr? sagte Riley.
Kelsey nickte.
"Officer Lucien Wayles", sagte sie. "Ich habe das Foto selbst geschossen."
"Warum spricht er hier mit Hatcher?"
Kelsey lächelte wissend.
"Nun, das ist recht interessant", sagte sie. "Ich nehme an, sie haben gehört, dass Officer Wayles ein aufrechter, dekorierter Polizist war. Das ist es, was die örtliche Polizei immer noch alle glauben machen will. Tatsächlich war er korrupt bis auf die Knochen. In diesem Foto traf er sich mit Hatcher, in der Hoffnung einen Deal mit ihm zu machen – einen Anteil an den Drogenprofiten, im Austausch dafür, dass er Hatcher in Ruhe lässt. Hatcher hat nein gesagt. Daraufhin hat Wayles entschieden Hatcher das Handwerk zu legen."
Kelsey zog das Foto von Wayles zerschundener Leiche heraus.
"Wie Sie wahrscheinlich wissen, hat das für Officer Wayles nicht allzu gut geendet", sagte sie.
Riley spürte wie sich langsam die Puzzleteile zusammensetzten. Das war genau das Material, nach dem sie gesucht hatte. Es brachte ihr ein besseres Verständnis für die Gedanken eines jungen Shane Hatcher.
Während sie das Foto von Hatcher und dem Polizisten betrachtete, versuchte Riley sich in den Verstand des jungen Mannes zu versetzen. Sie stellte sich vor, was Hatchers Gedanken und Gefühle in genau diesem Moment gewesen waren. Sie erinnerte sich außerdem an etwas, das Kelsey gerade gesagt hatte.
"Wissen Sie, er hat einen sehr strikten Kodex, selbst als Gangmitglied."
Aus ihren eigenen Unterredungen mit Hatcher wusste Riley, dass das auch heute noch so war. Wenn sie sich jetzt das Foto besah, dann konnte sie Hatchers Abscheu bei Wayles' Vorschlag fühlen.
Es hat ihn vor den Kopf gestoßen, dachte Riley. Es fühlte sich wie eine Beleidigung an.
Kein Wunder, dass Hatcher dem Polizisten ein so grausames Ende bereitet hatte. Nach Hatchers verdrehtem Kodex, war das die moralisch richtige Antwort.
Als Riley durch weitere Fotos blätterte, fand sie das Fahndungsfoto eines anderen Gangmitglieds.
"Wer ist das?" fragte Riley.
"Smokey Moran", antwortete Kelsey. "Shane the Chains rechte Hand – bis ich ihn wegen Drogenhandel festgenommen habe. Ihm drohte eine lange Haftstrafe, also hatte ich keine Probleme damit, ihn als Zeugen gegen Hatcher zu gewinnen, im Austausch für eine mildere Strafe. So haben wir Hatcher schließlich bekommen."
Rileys Haut fing an zu prickeln, als sie das Foto in den Händen hielt.
"Was ist aus Moran geworden?" fragte sie.
Kelsey schüttelte missbilligend den Kopf.
"Er ist immer noch da draußen", sagte sie. "Ich habe mir oft gewünscht, wir hätten diesen Deal nicht gemacht. Seit Jahren leitet er jetzt schon alle möglichen Gangaktivitäten. Die jungen Gangmitglieder sehen zu ihm auf und bewundern ihn. Er ist clever und schwer zu fassen. Die örtliche Polizei und das Büro waren nicht in der Lage, ihm das Handwerk zu legen."
Das prickelnde Gefühl nahm zu. Riley fand sich in Hatchers Gedanken wieder, wie er jahrzehntelang im Gefängnis über Morans Verrat nachgegrübelt hatte. In Hatchers moralischem Universum verdiente so ein Mann es nicht, zu leben. Und Gerechtigkeit war lange überfällig.
"Haben Sie eine aktuelle Adresse für ihn?" fragte Riley Kelsey.
"Nein, aber ich bin sicher, dass das Büro sie hat. Warum?"
Riley atmete tief durch.
"Weil Shane Hatcher dort hingeht, um ihn zu töten."
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