Читать книгу «Lagezentrum: Ein Luke Stone Thriller – Buch 3» онлайн полностью📖 — Джека Марса — MyBook.





Wenige Minuten zuvor hatte Luke den Schrank mit dem Schlüssel geöffnet, den Pete Winn ihm gegeben hatte. Der Schrank war eher ein kleiner Hauswirtschaftsraum als ein richtiger Schrank. Im Inneren befand sich ein ausklappbarer Tisch, etwas das aussah wie ein Bügelbrett, aber breiter und niedriger und viel stabiler. Es war etwa 2 Meter lang und 1,20 Meter breit.

Als Luke und Ed den Tisch aufbauten, machte sich eine deutliche Neigung bemerkbar. Auf der höheren Seite waren Handschellen für die Knöchel der Person, die darauf festgeschnallt werden würde. Am unteren Ende waren Lederriemen zum Festbinden der Handgelenke, in der Mitte einer für die Taille. Ganz unten befand sich außerdem ein Metallring, um den Kopf zu befestigen.

Es war eine Plattform für Waterboarding.

Als sie den Tisch herausbrachten, wurde Li sichtlich aufgeregt. Er wusste sofort, um was es sich handelte. Natürlich wusste er es. Jeder Geheimdienstagent hatte so etwas im Rahmen der Ausbildung schon einmal gesehen, egal ob Amerikaner oder Chinese. Luke hatte sogar schon einmal einer Live-Demonstration beigewohnt. Ein abgehärteter CIA-Agent, der vorher bei den Navy SEALs gewesen war und schon in zahlreichen Krisengebieten gedient hatte, war das Testsubjekt gewesen.

Wie sie diesen Mann davon überzeugt hatten, sich freiwillig zu melden, hatte Luke nie herausfinden können. Vielleicht hatte er einen ordentlichen Bonus bekommen. Der Agent hatte vor der Demonstration entspannt gewirkt. Er hatte gelacht und mit seinen späteren Folterern gewitzelt. Als die Prozedur begann, war er wie verwandelt. Es dauerte ganze vierundzwanzig Sekunden, bevor er das Sicherheitswort benutzt hatte, um den Vorgang abzubrechen.

„Das verstößt gegen die Genfer Konventionen“, sagte Li mit einem leichten Zittern in der Stimme. „Es ist gegen…“

„Soweit ich weiß, sind wir nicht in Genf“, sagte Luke. „Wir sind im Nirgendwo. Wie ich schon sagte, diese Einrichtung existiert nicht, genau so wenig wie jemand namens Li Quiangguo.“

Luke beschäftigte sich mit den anderen Utensilien, die er aus dem Schrank genommen hatte. Dazu gehörten zwei große Gießkannen, wie sie eine nette ältere Dame zur Bewässerung ihres Gartens verwenden würde. Außerdem gab es Schlösser für die Handfesseln und Lederriemen auf dem Brett. Und schließlich gab es eine Reihe von mittelgroßen schweren Stoffhandtüchern und eine Rolle Zellophan. Luke wusste zufällig, dass die CIA das Zellophan bevorzugte.

„Mann“, sagte Ed. „So etwas habe ich seit Afghanistan nicht mehr gemacht. Das ist mindestens fünf Jahre her.“

„Dann ist es bei dir noch nicht so lange her wie bei mir“, sagte Luke. „Du darfst gerne anfangen. Wie war es damals so?“

Ed zuckte die Achseln. „Beängstigend. Ein paar von denen sind uns weggestorben. Ganz anders, als andere Methoden, die ich kenne. Man kann Leute den ganzen Tag Elektroschocks verpassen, wenn die Spannung stimmt. Das tut weh, aber tötet nicht. Hier passiert das aber ganz leicht. Man kann ertrinken. Hirnschäden davontragen. Herzinfarkte erleiden. Ganz schön ätzend.“

„Hören Sie mir zu“, sagte Li. Inzwischen zitterte er am ganzen Körper. „Waterboarding verstößt gegen sämtliche Kriegsgesetze. Es wird von jedem internationalen Gremium als Folter anerkannt. Sie begehen hier eine Menschenrechtsverletzung.“

„Mann, plötzlich geht es dir nur noch um Regeln und Vorschriften“, sagte Ed. „Wenn jemand absichtlich tausende von Menschen überflutet und hunderte von ihnen umbringt, ist er für mich kein Mensch mehr. Ich würde sagen, du hast deine Menschenrechte verwirkt.“

„Jungs“, sagte Swann. „Ich fühle mich nicht wohl dabei.“

Luke sah ihn an. „Swann, ich habe dir doch gesagt, es ist ein guter Zeitpunkt, um zu gehen. Gib uns etwa 20 Minuten. Das sollte reichen.“

Swanns Gesicht wurde rot. „Luke, nach allem, was ich gehört habe, bekommt man vom Waterboarding nicht einmal vernünftige Informationen. Er wird euch nur anlügen, damit ihr aufhört.“

Swann hatte Luke noch nie in Frage gestellt. Er fragte sich, ob jetzt das erste Mal sein würde und schüttelte den Kopf.

„Swann, du darfst nicht alles glauben, was du liest. Ich habe selbst gesehen, wie man in nur wenigen Minuten verwertbare und genaue Informationen erhalten kann. Und da Herr Li hier noch länger unser Gast sein wird, können wir seine Behauptungen schnell überprüfen und sie auch noch einmal genauer miteinander besprechen, wenn sie nicht der Wahrheit entsprechen sollten. Man will diese Methode nur nicht anwenden, da sie, wie Herr Li so treffend gesagt hat, als Folter angesehen wird. Aber sie funktioniert, und unter den richtigen Umständen funktioniert sie sogar wirklich, wirklich gut.“

Luke breitete die Arme aus. „Und das sind die richtigen Umstände.“

Swann starrte ihn an. „Luke…“

Luke hob eine Hand. „Swann. Geh jetzt raus. Bitte.“ Er zeigte auf die Tür.

Swann schüttelte den Kopf. Sein Gesicht war rot geworden. Er schien jetzt auch zu zittern. „Warum hast du mich dafür überhaupt herbestellt?“, sagte er. „Ich arbeite nicht mehr für das FBI, und du auch nicht.“

Luke lächelte fast ein wenig. Er wusste nicht, was Swann wirklich dachte, aber er hätte selbst kein besseres Drehbuch schreiben können. Sie spielten guter Cop, böser Cop um das Hundertfache verstärkt.

„Früher oder später brauche ich dich noch“, sagte Luke. „Aber nicht hierfür. Und jetzt verschwinde. Bitte. Bis jetzt war ich noch höflich. In einer Minute kann ich für nichts mehr garantieren.“

„Ich werde eine formelle Beschwerde einreichen“, sagte Swann.

„Mach das. Du weißt, für wen ich arbeite. Deine Beschwerde wird direkt im Aktenvernichter landen. Das sollte dir klar sein. Aber tu dir keinen Zwang an.“

„Keine Sorge“, sagte Swann. Damit ging er zur Tür hinaus. Er zog sie fest hinter sich zu, ohne sie jedoch zuknallen zu lassen.

Luke seufzte. Er sah Ed an. „Ed, kannst du bitte die Gießkannen auffüllen? Wir werden sie gleich brauchen.“

Ed grinste teuflisch. „Mit Vergnügen.“

Als er die Gießkannen aufhob, starrte er Li an. Er demonstrierte seinen verrückten Blick mit weit aufgerissenen Augen, den er so gut beherrschte. Es war ein Blick, vor dem selbst Luke manchmal Angst hatte. Ed wirkte wie ein Psychopath, wenn er so aussah. Er sah aus wie jemand, dem nichts besser gefiel als Sadismus. Luke war sich manchmal nicht ganz sicher, wie Ed das schaffte. Um ehrlich zu sein, wollte er es auch nicht wissen.

„Oh, Bruder“, sagte Ed zu Li. „Das wird ein ganz schön langer Tag für dich.“

Während Ed sich in der winzigen Küche der Hütte vergnügte, schaute Luke Li genau an. Er zitterte jetzt. Sein ganzer Körper vibrierte, als würde ein schwacher Strom durch ihn fließen. Seine Augen waren groß und sahen verängstigt aus.

„Sie haben das schon einmal gesehen, nicht wahr?“, fragte Luke.

Li nickte. „Ja.“

„An Gefangenen?“

„Ja.“

„Es ist schlimm“, sagte Luke. „Es ist sehr schlimm. Niemand hält das aus.“

„Ich weiß“, sagte Li.

Luke warf einen Blick in die Küche. Ed ließ sich Zeit. „Und Ed… Sie müssen wissen, wie er ist. Er genießt so etwas.“

Li hatte keine Antwort darauf. Seine Gesichtsfarbe wandelte sich langsam von einem hellen in ein dunkles Rot. Es schien, als ob eine Explosion in ihm stattfand und er versuchte, sie einzudämmen. Er drückte seine Augen zu. Seine Zähne knirschten, dann fingen sie an zu klappern. Sein ganzer Körper begann zu zittern.

„Mir ist kalt“, sagte er. „Ich kann nicht mehr.“

In diesem Moment wurde Luke etwas klar.

„Sie haben es schon mal am eigenen Körper erfahren“, sagte er. „Von Ihren eigenen Leuten.“ Das war keine Frage. Er wusste es plötzlich instinktiv. Li war schon einmal Waterboarding ausgesetzt gewesen, und aller Wahrscheinlichkeit nach war es die chinesische Regierung gewesen, die es ihm angetan hatte.

Plötzlich öffnete sich Lis Mund wie zu einem Schrei. Es war ein stiller Schrei, seine Kiefer öffneten sich so weit es nur ging. Luke erinnerte die Grimasse an einen Werwolf, der unter brechenden Knochen die Verwandlung von einem Menschen zu einem Wolf durchmachte und vor Schmerzen heulte. Nur, dass kein Geräusch zu hören war. Fast nichts war von Li zu hören, außer ein leises, würgendes Geräusch tief in seiner Kehle.

Sein ganzer Körper war jetzt steif, jeder Muskel war angespannt, als ob er auf einem elektrischen Stuhl sitzen würde.

„Sie waren ein Verräter“, sagte Luke. „Ein Staatsfeind. Sie wurden im Gefängnis rehabilitiert. Sie haben Sie zu einem Agenten gemacht, aber nicht gerade zu einem besonders wertvollen. Jemand Entbehrliches. Darum waren Sie hier draußen im Einsatz, darum hatten Sie Zyanid-Pillen dabei. Sie sollten sich umbringen, wenn man Sie erwischt. Es stand so gut wie fest, dass man Sie schnappt, nicht wahr? Aber Sie haben es nicht getan, Li. Sie haben sich nicht umgebracht und jetzt sind wir die einzige Hoffnung, die Sie noch haben.“

„Bitte!“, schrie Li. „Bitte hören Sie auf!“

Der Körper des Mannes zitterte unkontrolliert. Mehr noch. Ein Geruch begann von ihm auszugehen. Ein dicker, feuchter Geruch nach Exkrementen.

„Oh mein Gott“, sagte er. „Oh mein Gott. Helfen Sie mir. Helfen Sie mir!“

„Was ist hier los?“, sagte Ed, als er mit den Gießkannen zurückkam. Er verzog das Gesicht, als der Geruch in seine Nase stieg. „Oh, Mann.“

Luke hob die Augenbrauen. Er hatte fast schon Mitleid mit diesem Mann. Dann dachte er an die mehr als tausend Toten und die vielen tausend, die ihr Zuhause verloren hatten. Nichts, keine noch so negative Lebenserfahrung konnte das rechtfertigen.

„Ja, Li ist ein Wrack“, sagte er. „Sieht nach einem Trauma aus. Das ist scheinbar nicht sein erstes Mal Waterboarding.“

Ed nickte. „Gut. Also weiß er schon, wie es läuft.“ Er sah auf Li herab. „Wir machen trotzdem weiter, hörst du, Kleiner? Der Geruch ist uns egal, also wenn das deine große Wette war, hat sie nicht funktioniert.“

Ed warf einen Blick auf Luke. „Ich habe das schon mal gesehen. Die Leute versuchen es, weil sie denken, dass der Geruch so übel ist, dass wir nicht weitermachen wollen. Oder dass wir vielleicht Mitleid mit ihnen haben. Was weiß ich.“

Er schüttelte den Kopf. „Der Geruch ist zwar ekelhaft, aber ich habe noch nie gesehen, dass es funktioniert. Wir wären nicht hier, wenn wir so sensibel wären, Li. Ich weiß wie Männer riechen, nachdem man sie ausweidet. Glauben Sie mir, das ist schlimmer als alles, was auf dem normalen Weg rauskommt.“

„Bitte“, sagte Li wieder. Er sprach leise, seine Stimme fast ein Flüstern. Sein Körper zitterte unkontrolliert. Er ließ den Kopf hängen und starrte auf den Boden. „Bitte tun Sie das nicht. Ich halte es nicht aus.“

„Erzählen Sie uns etwas“, sagte Luke. „Etwas Gutes, und dann sehen wir weiter. Sehen Sie mich an, Li.“

Der Kopf von Li hing jetzt noch tiefer. Er schüttelte ihn. „Ich kann nicht.“ Sein Gesicht verzog sich zu einer Grimasse. Dann fing er an zu weinen.

„Helfen Sie mir. Bitte helfen Sie mir.“

„Sie fangen besser an zu reden“, sagte Luke. „Sonst legen wir jetzt los.“

Luke stand drei Meter entfernt und beobachtete ihn. Li saß zusammengesunken da, mit hängendem Kopf, die Arme hinter dem Rücken und immer noch am ganzen Körper zitternd. Jedes Körperteil von ihm schien sich in einem anderen Rhythmus zu bewegen. Luke sah, dass Lis Overall nun auch im Schritt nass war. Er hatte sich in die Hose gemacht.

Luke seufzte tief. Er bedauerte denjenigen, der ihn nachher sauber machen musste.

„Li?“, sagte er.

Li blickte immer noch zu Boden. Seine Stimme klang, als käme sie vom Boden eines Brunnens. „Es gibt ein Lagerhaus. Ein kleines Lagerhaus, mit einem Büro. Import chinesischer Waren. Im Büro werden Sie alles finden, was Sie brauchen.“

„Wessen Büro ist das?“, fragte Luke.

„Meins.“

„Eine Scheinfirma?“, fragte Ed.

Li versuchte, die Achseln zu zucken. Sein Körper zitterte und bebte. Seine Zähne klapperten, während er sprach. „Größtenteils. Ein wenig Geschäft haben wir schon gehabt, sonst wären wir aufgeflogen.“

„Wo ist es?“

Li murmelte etwas vor sich hin.

„Wie bitte?“, fragte Luke. „Ich kann Sie nicht hören. Wenn Sie uns verarschen, können wir immer noch anders. Ed will immer noch loslegen. Überlegen Sie es sich gut.“

„In Atlanta“, sagte Li, jetzt klar und deutlich, als ob es eine Erleichterung gewesen wäre, das loszuwerden. „Das Lagerhaus ist in Atlanta. Das war unser Hauptquartier.“

Luke lächelte.

„Geben Sie uns die genaue Adresse und wir fliegen sofort vorbei. Wir sind in ein paar Stunden wieder da.“ Er legte seine Hand auf Lis Schulter. „Gott steh Ihnen bei, wenn Sie uns anlügen.“

*

„Gut gemacht, Swann“, sagte Luke. „Ich hätte das Drehbuch selbst nicht besser schreiben können.“

„Habe ich jemals erwähnt, dass ich in der Highschool im Theaterclub war? Ich habe ein Jahr lang Mackie Messer gespielt.“

„Du hast den Beruf verfehlt“, sagte Luke. „Du hättest nach Hollywood gehen können, wenn man nach dem geht, was ich da drin gesehen habe.“

Sie bewegten sich den Betonweg hinunter zu dem wartenden schwarzen SUV. Zwei Männer in FEMA-Overalls waren gerade ausgestiegen und gingen in die Kabine. Luke blickte sich um. Überall um sie herum waren Zäune und Stacheldraht. Hinter dem nächsten Wachturm erhob sich ein steiler grüner Hang in Richtung der nördlichen Berge von Georgia.

Swann lächelte. „Ich hab mein Bestes gegeben.“

„Also ich habe es dir abgekauft“, sagte Ed.

„Naja, es war schon echt. Ich brauchte nicht groß zu schauspielern. Ich bin wirklich nicht dafür, Leute zu foltern.“

„Wir auch nicht“, sagte Ed. „Jedenfalls nicht immer.“

„Habt ihr es durchgezogen?“, fragte Swann.

Luke lächelte. „Was denkst du?“

Swann schüttelte den Kopf. „Ich war erst zehn Minuten weg, als ihr rauskamt, also denke ich nicht.“

Ed klopfte ihm auf den Rücken. „Na dann ist ja gut, du alter Datenanalytiker.“

„Was denn nun, habt ihr, oder habt ihr nicht?“, fragte Swann. „Jungs?“

Innerhalb weniger Minuten saßen die drei wieder im Hubschrauber, stiegen über dem dichten Wald auf und flogen in Richtung Süden nach Atlanta.

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